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Nachtsegen
Dämmrig wird’s auf allen Fluren,
Dunkel wird’s im Buchenhain
Alle Waldesvögel schlafen
Unter leisem Singen ein
Alle Tagesstimmen schweigen,
Aus den Wiesen steigt der Duft,
Und der braune Käfer surret
Durch die laue Sommerluft.
Und die bleichen Nachtphalänen
Flattern leis ohn Unterlaß,
Und des Taues Wonnetränen
Sinken still ins hohe Gras.
Doch die tiefgeheimsten Stimmen
Die der laute Tag verschlang,
Flüstern, murmeln, rauschen, singen
Ihren wundersamen Sang.
Und viel zage Menschenherzen –
Hat der Tag sie arm gemacht,
Arm an Glauben, arm an Lieben,
Macht sie reich die stille Nacht.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Nachtsegen“ von Hermann Allmers beschreibt die beruhigende und geheimnisvolle Atmosphäre der Nacht und stellt die Nacht als eine Quelle des Trostes und der Erneuerung dar. Zu Beginn des Gedichts wird die Natur im Übergang zur Nacht beschrieben: Es wird „dämmerig“ und „dunkel“, die Waldesvögel schlafen ein und die „Tagesstimmen“ schweigen. Diese Bilder schaffen eine friedliche und ruhige Stimmung, die den Übergang vom hektischen Tag zur beschaulichen Nacht thematisiert. Der „leise Gesang“ der Vögel, der in den Schlaf übergeht, und der Duft, der aus den Wiesen aufsteigt, betonen den sanften Charakter der Nacht.
Der zweite Abschnitt des Gedichts stellt die Nacht als eine Zeit des Friedens und der Stille dar. Der „braune Käfer“ und die „bleichen Nachtphalänen“ fliegen unaufhörlich durch die „laue Sommerluft“, und der „Tau“ fällt sanft in das hohe Gras. Diese Beschreibungen der Natur in der Nacht schaffen eine friedliche und fast magische Atmosphäre, in der das Leben in eine ruhigere, geheimnisvollere Ebene übergeht. Die Natur selbst scheint in der Nacht zu „flüstern“, „murmeln“ und „rauschen“, was auf eine tiefere Dimension des Lebens hinweist, die während des lauten und hektischen Tages oft unbemerkt bleibt.
Die letzte Strophe hebt die heilende Wirkung der Nacht hervor. Allmers beschreibt, wie die „tiefgeheimsten Stimmen“, die der Tag „verschlang“, in der Nacht ihren „wundersamen Sang“ finden. Diese Stimmen können als die inneren Gedanken, Wünsche oder Gefühle der Menschen interpretiert werden, die tagsüber unterdrückt oder nicht gehört werden. Die Nacht gibt ihnen Raum und Freiheit, sich zu äußern, was die Bedeutung der Nacht als eine Zeit des inneren Friedens und der Reflexion unterstreicht. Besonders berührend ist die Zeile, dass „zage Menschenherzen“, die durch den Tag „arm gemacht“ wurden – arm an „Glauben“ und „Lieben“ – durch die Stille der Nacht „reich“ werden. In der Nacht finden diese Herzen Trost und Erneuerung, was auf die Möglichkeit hinweist, dass die Nacht als eine Zeit der Heilung und des Wachstums genutzt werden kann, besonders für diejenigen, die durch den Tag belastet sind.
Das Gedicht insgesamt feiert die Nacht als einen Raum für spirituelle Erneuerung und emotionale Heilung. Es zeigt, wie die Natur und das stille Fließen der Nacht den Menschen ermöglichen, zu sich selbst zu finden und in einer Welt der Ruhe und des Geborgenseins zu wachsen. Allmers vermittelt die Vorstellung, dass die Nacht nicht nur eine Zeit der Dunkelheit ist, sondern auch eine Quelle des Trostes, in der verlorene und verborgene Kräfte wiederbelebt werden können.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.