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Das Sonett

Von

Wie lieb ich diesen Stein gewordnen Garten,
der fest verschlungnen Verse Doppelhermen,
dies Wiederkehren und noch mehr dies Schwärmen,
der Reime Ungeduld, die sich erwarten.

Wie Liebende, die lang des Freundes harrten,
ihr sehnend Herz an seinem aufzuwärmen,
und zitternd hören sie ihn näher lärmen.
Nun jubeln sie im Kuss gleich wild Vernarrten.

Dann suchen sie sich wieder zu verstecken
unsichtbar hinter hohen Taxushecken,
die Liebe weiß allein sie aufzufinden,

sie loszulassen, um sie neu zu binden.
So wechseln immer Necken und Erschrecken.
Doch blühen lässt den Kranz nur das Empfinden.

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Gedicht: Das Sonett von Herbert Eulenberg

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das Sonett“ von Herbert Eulenberg beschreibt in einer kunstvollen Metapher die Struktur und Dynamik eines Sonetts, indem es dessen formale Strenge mit der Leidenschaft und Lebendigkeit einer Liebesbeziehung vergleicht. Die verschlungenen Verse werden als „Doppelhermen“ beschrieben, also eng verbundene, symmetrische Figuren, die auf das feste Gerüst dieser Dichtform hinweisen. Besonders betont wird das Spiel der Reime, das sich in einer Art ungeduldiger Erwartung entfaltet.

Die zweite Strophe intensiviert dieses Bild, indem das Sonett mit einem Liebespaar verglichen wird, das sich nach langer Trennung wiederfindet. Die Reime, die zunächst voller Sehnsucht aufeinander warten, vereinigen sich schließlich in einem leidenschaftlichen „Kuss“. Diese Darstellung verleiht der sonst oft als streng empfundenen Sonettform eine lebendige, fast körperliche Dynamik, die zwischen Verbergen und Offenbaren, zwischen Zurückhaltung und Hingabe oszilliert.

Im abschließenden Terzett wird das Spiel der Reime mit der Liebe verglichen, die sich immer wieder aufs Neue bindet und löst. Die „Taxushecken“ symbolisieren dabei vielleicht die formale Strenge des Sonetts, hinter der sich die lebendige Kraft der Poesie verbirgt. Am Ende bleibt das Empfinden – das Gefühl, das allein den poetischen Kranz zum Blühen bringt. So feiert das Gedicht nicht nur die Kunst des Sonetts, sondern auch die untrennbare Verbindung von Form und Leidenschaft in der Dichtung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.