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Das leere Haus

Von

Ins leere Haus trat ich, ein Buch zu holen,
still ging ich durch der Zimmer lange Reihe,
wie tot lag alles und voll eigner Weihe,
Sinn und Bezug auf uns schien fortgestohlen.

Der Boden knarrte unter meinen Sohlen,
gebannt stand alles sonst in seiner Reihe.
Ein Spielzeug hing dort ohne Kinderschreie,
im Kasten schliefen ungenutzt die Kohlen.

Da überflog mich jäh ein großes Grauen,
als ich das stumme Buch jetzt wollte fassen:
Ich selbst war als ein Toter anzuschauen,

wie Nebel wollte alles mich verlassen.
Im Nichts stand ich und ohne ein Vertrauen
und ohne wen zu lieben, wen zu hassen.

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Gedicht: Das leere Haus von Herbert Eulenberg

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das leere Haus“ von Herbert Eulenberg thematisiert eine existenzielle Erfahrung der Leere, des Verlustes und der Entfremdung. Das lyrische Ich betritt ein verlassenes Haus, um ein Buch zu holen, doch die einst vertrauten Räume wirken nun leblos und ihrer Bedeutung beraubt. Die „Zimmer lange Reihe“ verstärkt die Vorstellung von Einsamkeit und Vergänglichkeit, während der Verlust von „Sinn und Bezug“ auf eine tiefere emotionale Entwurzelung hindeutet.

Die zweite Strophe verstärkt diesen Eindruck durch bedrückende Details: Der knarrende Boden und die ungenutzten Gegenstände – ein Spielzeug ohne Kind, Kohlen, die nicht mehr brennen – symbolisieren eine unterbrochene Vergangenheit, eine Zeit, die stehengeblieben ist. Das Haus wird zur Metapher für eine innere Leere, in der das Leben nicht mehr spürbar ist.

Der Höhepunkt des Gedichts findet sich in der dritten Strophe, als das lyrische Ich erkennt, dass es selbst wie ein Toter in diesem Raum existiert. Der Moment des Grauens, ausgelöst durch den Griff nach dem Buch, offenbart eine tiefe existenzielle Krise. Alles scheint sich aufzulösen, das Ich steht „im Nichts“ – ohne Liebe, ohne Hass, ohne irgendeine Verbindung zur Welt. Das Gedicht vermittelt so ein starkes Gefühl der Isolation und der Auflösung der eigenen Identität, das an Momente der existenziellen Angst und des Nihilismus erinnert.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.