Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , ,

Die Grenadiere

Von

Nach Frankreich zogen zwei Grenadier‘,
Die waren in Rußland gefangen.
Und als sie kamen ins deutsche Quartier,
Sie ließen die Köpfe hangen.

Da hörten sie beide die traurige Mär:
Daß Frankreich verlorengegangen,
Besiegt und zerschlagen das große Heer –
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen.

Da weinten zusammen die Grenadier‘
Wohl ob der kläglichen Kunde.
Der eine sprach: „Wie weh wird mir,
Wie brennt meine alte Wunde!“

Der andre sprach: „Das Lied ist aus,
Auch ich möcht mit dir sterben,
Doch hab ich Weib und Kind zu Haus,
Die ohne mich verderben.“

„Was schert mich Weib, was schert mich Kind,
Ich trage weit beßres Verlangen;
Laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind –
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!

Gewähr mir, Bruder, eine Bitt‘:
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab mich in Frankreichs Erde.

Das Ehrenkreuz am roten Band
Sollst du aufs Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand,
Und gürt mir um den Degen.

So will ich liegen und horchen still,
Wie eine Schildwach‘, im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.

Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen;
Dann steig ich gewaffnet hervor aus dem Grab –
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen!“

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Grenadiere von Heinrich Heine

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Grenadiere“ von Heinrich Heine thematisiert die unerschütterliche Treue zweier französischer Soldaten zu Napoleon Bonaparte und die bittere Niederlage Frankreichs nach den napoleonischen Kriegen. Zwei Grenadiere kehren aus russischer Kriegsgefangenschaft heim und erfahren von der Katastrophe: Frankreich ist besiegt, das Heer vernichtet und der Kaiser gefangen. Diese Nachricht stürzt sie in tiefe Verzweiflung.

Besonders eindrucksvoll ist die unterschiedliche Reaktion der beiden Soldaten. Während der eine an seine Familie denkt und sich der realen Not bewusst wird, verliert der andere jeglichen Blick für das Private und stellt seine Treue zu Napoleon über alles. Seine Bereitschaft, das eigene Leben für den Kaiser zu opfern, gipfelt in der Bitte, im Todesfall wie ein Soldat in Frankreich begraben zu werden – mit Waffen und Ehrenzeichen, als sei er weiter im Dienst.

Das Gedicht verknüpft heroische Ideale mit tragischer Verklärung. Die Metapher der Schildwache im Grab und der Traum, im Angesicht von Kanonendonner und Rossgetrappel wieder zu erwachen, verdeutlichen den fanatischen Glauben an Napoleon als unsterblichen Führer. Gleichzeitig lässt Heine hier auch eine gewisse Ironie mitschwingen, indem er die romantische Verklärung von Ehre und Loyalität dem grausamen Schicksal und der politischen Realität gegenüberstellt.

Heine verwendet eine klare, volksliedhafte Sprache und einfache Reimstrukturen, die die emotionale Wucht der Szene betonen. Durch das Wechselspiel zwischen Resignation und heroischem Pathos offenbart das Gedicht sowohl das Leid der einfachen Soldaten als auch die zerstörerische Kraft bedingungsloser Hingabe an ein untergegangenes Ideal.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.