Am Strand
Das helle Ufer schimmert feucht
Vom Schaum der Welle, die entwich.
In silbern flirrendem Geleucht
Verliert sich fern sein letzter Strich.
Die Segelboote fliegen aus –
Von Mitternacht, von Norden her
Kommt eine Woge hoch und kraus:
Geliebtes Meer, geliebtes Meer!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Am Strand“ von Hedwig Lachmann vermittelt in bildhaften Versen eine stimmungsvolle und fast träumerische Szenerie am Meer. Zu Beginn beschreibt die Dichterin das Ufer, das „feucht vom Schaum der Welle“ schimmert. Dieses Bild der zurückweichenden Welle verweist auf das fortwährende Kommen und Gehen der Natur, auf das Prinzip von Ebbe und Flut, das eine gewisse Unausweichlichkeit und Zyklenhaftigkeit ausdrückt. Die Silberschimmer des Geleuchts und der verschwimmende „letzte Strich“ des Wellenzugs lassen das Bild einer fernen, unerreichbaren Grenze entstehen, was die Weite des Meeres und zugleich die Entgrenzung der Gedanken und Gefühle verstärkt.
Das Bild der Segelboote, die „ausfliegen“, setzt den Bewegungsrhythmus fort, den die Wellen bereits vorgeben. Die Boote, die „ausfliegen“, könnten als Symbol für das Streben nach Freiheit und der Flucht vor der Begrenzung des alltäglichen Lebens interpretiert werden. Die geographische und zeitliche Richtung – „Von Mitternacht, von Norden her“ – schafft eine gewisse Unbestimmtheit und stellt das Meer als eine Quelle des Unbekannten dar. Diese Orientierungslosigkeit unterstützt das Gefühl der Ferne und des Fernwehs, das der Sprecher empfindet.
Im dritten Teil des Gedichts wird die Bewegung der Wellen durch eine „hohe und krause“ Woge dargestellt, die aus dem Norden kommt. Diese Woge könnte die symbolische Darstellung von Gefühlen oder Gedanken sein, die plötzlich und mächtig über den Sprecher hinwegrollen. Die Wiederholung der Worte „Geliebtes Meer, geliebtes Meer!“ lässt erkennen, dass das Meer für den Sprecher mehr ist als nur eine geografische Größe. Es verkörpert Sehnsucht, Heimat und vielleicht auch eine Quelle der Inspiration oder des Trostes. Die emotionale Bindung an das Meer wird durch die Wiederholung und die starke Ausdruckskraft verstärkt.
Das Gedicht endet mit einer liebevollen, fast hymnischen Wendung zu diesem „geliebten Meer“, das in seiner Weite und Kraft eine tiefe Verbindung zur Natur und zu den eigenen Gefühlen herstellt. Das Meer steht hier nicht nur für die Naturgewalt, sondern auch für das Unbewusste, das in den Wogen der See ebenso wie in den Wellen der Gefühle aufsteigt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.