Häusliches Stillleben – Der Garten
In den Garten muß ich blicken,
In das frische stille Grün,
Tausend Wünsche muß ich schicken
Fernhin wo die Schwalben ziehn.
Fliegt nur mit den Morgenwinden,
Mit den Wolken flieget fort,
Eure Heimat sollt ihr finden,
Lieben Wünsche, Ziel und Ort.
Rückwärts will ja nicht mein Sehnen,
Nimmer in die Eitelkeit;
Diese Seufzer, diese Thränen
Gelten keinem Erdenleid.
Ueber Wolken, über Sterne
Aufwärts, aufwärts, himmelwärts,
Neubelebt, in sel′ger Ferne
Sink′ ich an das große Herz!
Wo die Wunden nicht mehr drücken,
Wo das Heer der Wünsche schweigt,
Und zu mir mit süßen Blicken
Sich die ew′ge Liebe neigt.
Aus den Wipfeln will es steigen
Mein geliebtes Wunderbild,
Nach des Gartens grünen Zweigen
Blick′ ich still und lusterfüllt.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Häusliches Stillleben – Der Garten“ von Max von Schenkendorf ist eine romantische Reflexion über Sehnsucht, Hoffnung und die Suche nach transzendenter Erfüllung. Der Garten dient hier als Ausgangspunkt und Metapher für die Welt, von der sich das lyrische Ich distanziert, um Trost und Erleuchtung in höheren Sphären zu finden. Der Titel deutet auf eine scheinbar banale Alltagsszene hin, die jedoch durch die Innenschau des Dichters eine tiefere Bedeutungsebene erhält.
Die ersten beiden Strophen beschreiben eine Sehnsucht nach der Ferne. Das lyrische Ich blickt in den Garten, von dem es sich entfremdet fühlt, und schickt Wünsche den Schwalben nach, die mit dem Morgenwind und den Wolken ziehen. Diese Wünsche sind nicht an irdische Ziele gebunden, sondern suchen nach einer Heimat in der Ferne. Hier zeigt sich die romantische Idee der unstillbaren Sehnsucht nach dem Unendlichen, der Flucht aus der Begrenztheit des irdischen Daseins.
In den folgenden Strophen wendet sich das lyrische Ich von irdischen Leiden und Eitelkeiten ab. Die „Seufzer“ und „Thränen“ gelten nicht dem „Erdenleid“, sondern einer übergeordneten, spirituellen Dimension. Der Wunsch nach „Aufwärts, aufwärts, himmelwärts“ unterstreicht die Suche nach einer transzendenten Erfahrung. Das „große Herz“ wird zum Ziel der Sehnsucht, ein Ort der Erneuerung und des Friedens, wo die Wunden heilen und die Wünsche zur Ruhe kommen.
Die letzten beiden Strophen kehren zum Garten zurück, jedoch in einer verklärten Weise. Das geliebte „Wunderbild“ steigt „aus den Wipfeln“ auf, was auf eine Vision oder eine innere Erleuchtung hindeutet. Das lyrische Ich blickt nun „still und lusterfüllt“ auf die grünen Zweige, was eine neue Wertschätzung der Natur und eine Verbindung zur göttlichen Liebe offenbart. Der Garten, einst Ausgangspunkt der Sehnsucht, wird nun zum Ort der Kontemplation und des inneren Friedens, da das lyrische Ich im Einklang mit dem Universum steht.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.