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Der törichte Jäger

Von

Er zog hinaus, das Glück zu fangen,
und jagte mit erhitzten Wangen
bis in den späten Abendschein.
Umsonst, es war ein schlimmes Jagen,
er kehrte müde und zerschlagen
in seine warme Hütte ein.

Da saß in schlichtem Werkelkleide,
dem wilden Jäger schier zuleide,
am Herde eine stille Magd.
Sie reichte ihm den Trunk, den Bissen
und ging zu Hand ihm, dienstbeflissen,
wie es dem müden Mann behagt.

Sie hatte still sich eingefunden
und ungefragt, vor Jahr und Stunden,
und ihre Treue nahm er hin.
Heut saß sie blaß zu seinen Füßen;
er ließ sie seinen Unmut büßen,
das flücht’ge Wild lag ihm im Sinn.

„Und muß ich mich zu Tode hetzen,
es soll mein heißes Herz ergetzen,“
rief er und rief sein letztes Wort
und kehrte grollend ihr den Rücken
und setzte über Traumesbrücken
die Jagd nach seinem Wilde fort.

Am Morgen, eh‘ die Vögel girrten,
erwacht‘ er. Seine Blicke irrten
schlaftrunken über Bett und Wand
und hin zum Herd. Da stand im Scheine
des Feuers, bleich am weißen Steine,
die Magd, ihr Bündel in der Hand.

„Wohin? Was treibt dich?“ – „Laß mich wandern,
mein Dienst gehört jetzt einem andern,
leb wohl, ich kehre nicht zurück.“
Schon stand sie draußen an der Pforte,
er hört nur noch die Abschiedsworte:
„Vergiß mich nicht, ich war das Glück.“

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Gedicht: Der törichte Jäger von Gustav Falke

Kurze Interpretation des Gedichts

Gustav Falkes Ballade „Der törichte Jäger“ erzählt die Geschichte eines Mannes, der vergeblich nach Glück jagt, während es längst an seiner Seite war. In bildhafter Sprache und mit einem melancholischen Grundton wird das Motiv der verkannten Liebe und der verpassten Chance aufgegriffen.

Der Jäger zieht mit Leidenschaft hinaus, um das Glück zu erjagen, doch kehrt er erfolglos und erschöpft zurück. In seiner Hütte wartet eine stille Magd, die ihm treu zur Seite steht, ihn versorgt und ihm beisteht. Sie ist von Anfang an da, ohne große Worte oder Forderungen – doch der Jäger nimmt ihre Treue als selbstverständlich hin. Statt sie zu würdigen, lässt er an ihr seinen Frust über seine erfolglose Jagd aus.

Getrieben von seinem unersättlichen Verlangen, verkündet er trotzig, dass er nicht aufgeben werde, sein Glück zu suchen. In der Nacht träumt er weiter von seiner Jagd, bis er am Morgen erwacht – nur um zu erkennen, dass die Magd fortgeht. Erst in ihrem Abschied enthüllt sie die bittere Wahrheit: „Vergiß mich nicht, ich war das Glück.“ Diese Worte verdeutlichen die tragische Ironie des Gedichts – das wahre Glück war stets greifbar nahe, doch der Jäger hat es nicht erkannt, sondern sich blind in eine unerreichbare Sehnsucht verrannt.

Die Ballade zeigt eindrucksvoll, wie Menschen oft das Offensichtliche übersehen, weil sie sich von unerfüllbaren Träumen leiten lassen. Der Jäger verliert das, was ihn wirklich glücklich gemacht hätte, weil er es nicht als solches erkannte. Damit ist „“Der törichte Jäger““ eine leise, aber eindringliche Mahnung, das Glück nicht in der Ferne zu suchen, wenn es längst an unserer Seite ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.