Grabmal eines jungen Mädchens
Wir gedenkens noch. Das ist, als müßte
alles dieses einmal wieder sein.
Wie ein Baum an der Limonenküste
trugst du deine kleinen leichten Brüste
in das Rauschen seines Bluts hinein:
– jenes Gottes.
Und es war der schlanke
Flüchtling, der verwöhnende der Fraun.
Süß und glühend, warm wie dein Gedanke,
überschattend deine frühe Flanke
und geneigt wie deine Augenbraun.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Grabmal eines jungen Mädchens“ von Rainer Maria Rilke ist eine elegische Betrachtung des frühen Todes und der unausgesprochenen Sehnsucht, die mit dem Verlust verbunden ist. Das Gedicht beginnt mit der Feststellung des Gedenkens, was sofort eine Verbindung zur Vergangenheit herstellt und die Trauer des Sprechers über den Verlust des jungen Mädchens verdeutlicht. Die Zeile „Wir gedenkens noch“ impliziert, dass die Erinnerung an die Verstorbene lebendig gehalten wird, wodurch der Leser in die melancholische Stimmung des Gedichts eingeführt wird. Der Text suggiert, dass die Erinnerung an das Mädchen so intensiv ist, dass es sich so anfühlt, als würde alles wiederkehren, was eine tiefe Sehnsucht nach der Wiederherstellung des Vergangenen andeutet.
Die anschließenden Verse verwenden bildhafte Sprache, um die Jugend und das Leben des Mädchens zu beschreiben, indem sie es mit einem „Baum an der Limonenküste“ vergleichen. Diese Metapher verbindet das Mädchen mit der Natur, der Jugend und der Schönheit, was gleichzeitig ihre Fragilität und das Vergängliche ihres Lebens unterstreicht. Der Vergleich mit dem Baum an der Küste deutet auf die Schönheit und das Leben des Mädchens hin, die dem Rauschen des „Bluts“ Gottes ausgesetzt waren. Der Ausdruck „seines Bluts hinein“ kann als eine Anspielung auf die göttliche oder übernatürliche Sphäre interpretiert werden, was auf die Tragik des frühen Todes hindeutet und die Vorstellung von einer Verbindung zwischen dem Mädchen und einer höheren Macht verstärkt.
In den letzten Versen wird eine erotische Anspielung gemacht. Das Mädchen wird hier mit einem „Flüchtling“ verglichen, der „die Frauen verwöhnt“. Der Vergleich der jungen Frau mit einem Flüchtling impliziert etwas Flüchtigen und Unfassbares, was die Vergänglichkeit und den Verlust von Jugend und Unschuld noch verstärkt. Die Beschreibung der „süßen und glühenden“ Wärme, die „deine frühe Flanke überschattet“ und „wie deine Augenbraun geneigt“ ist, deutet auf eine sinnliche und verführerische Präsenz hin. Diese Zeilen lassen auf eine tiefe, vielleicht ungestillte Sehnsucht nach dem Mädchen schließen und verleihen dem Gedicht eine weitere Ebene der Komplexität, indem sie sowohl die physische Schönheit als auch die metaphysischen Aspekte des Verlustes hervorheben.
Insgesamt ist das Gedicht eine Meditation über den Tod, die Erinnerung und die verlorene Unschuld. Rilke verwendet eine reiche Bildsprache und sinnliche Details, um die Tragik des frühen Todes zu vermitteln und die tiefe emotionale Wirkung des Verlustes zu erfassen. Das Gedicht ist nicht nur eine Trauerbekundung, sondern auch ein Nachdenken über die Schönheit und Vergänglichkeit des Lebens, das durch die Erinnerung an das junge Mädchen fortbesteht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.