Daz es kein edele herze…
daz es kein edele herze enbirt,
sît ez hie von geherzet wirt.
ich weiz ez wârez alse den tôt
und erkenne ez bî der selben nôt:
der edele senedære
der minet senediu mære.
von diu swer seneder mære ger,
der envar niht verrer danne her.
ich wil in wol bemæren
von edelen senedæren,
die reiner sene wol tâten schîn:
ein senedære und ein senedærîn,
ein man ein wîp, ein wîp ein man,
Tristan Isolt, Isolt Tristan.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „daz es kein edele herze…“ von Gottfried von Straßburg thematisiert die Idee des „edelen Herzens“ und die Idealisierung der Liebe, die in der mittelalterlichen Literatur häufig vorkommt. Der Sprecher reflektiert über die Natur des „edelen Herzens“, das nur dann existiert, wenn es durch Liebe und Hingabe geprägt ist. Die Aussage „daz es kein edele herze enbirt, / sît ez hie von geherzet wirt“ deutet darauf hin, dass wahre Edelheit und Adel nur durch eine aufrichtige und erwiderte Liebe entstehen können. Diese Art von Liebe ist stark und einzigartig, vergleichbar mit dem Tod, der sowohl eine tiefe Tragik als auch eine unüberwindbare Verbindung symbolisiert.
Der Sprecher erkennt die Bedeutung dieser Liebe durch den Vergleich mit dem „Tôt“, was auf das Prinzip der Hingabe und das vollständige Aufgehen im geliebten Menschen hinweist. Diese Hingabe wird weiter ausgeführt, indem der „edele senedære“ (der edle Liebende) als jemand beschrieben wird, der in der Lage ist, wahre Liebe zu empfinden und in reinster Form zu leben. Der Ausdruck „senediu mære“ verweist auf die hohe, fast unerreichbare Kunst der Liebesbeziehung, in der zwei Menschen sich gegenseitig vollkommen verstehen und sich im Gefühl der Liebe verlieren.
Der nächste Abschnitt vertieft das Bild der Idealvorstellung der Liebe, in der zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, als gleichwertige Partner in einer untrennbaren Einheit beschrieben werden: „ein senedære und ein senedærîn, / ein man ein wîp, ein wîp ein man“. Hier zeigt sich die Gleichheit und das harmonische Zusammenspiel von Geschlechtern in der Liebe. Das Paar Tristan und Isolt, als berühmte Figur der mittelalterlichen Literatur, wird als das Symbol dieser perfekten und unauflöslichen Liebesverbindung genannt. Ihr Name steht für die Idee einer leidenschaftlichen, tragischen und doch vollkommenen Liebe, die keine Trennung kennt.
Das Gedicht endet mit der Vereinigung von Tristan und Isolt, die als Verkörperung der „edelen Senedäre“ in der höchsten Form dargestellt werden. In dieser Darstellung verweist Gottfried von Straßburg auf das Idealbild von Liebe, das durch die Erhöhung und Verherrlichung von Tristan und Isolt als eine Form der „Höchsten Liebe“ vermittelt wird. Es ist eine Liebe, die sowohl im Leben als auch im Tod unveränderlich bleibt und die höchste Erfüllung und Reinheit in sich trägt.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.