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Der Tod im Schacht

Von

Zweihundert Männer sind in den Schacht gefahren.
Mütter drängen sich oben in Scharen.
Rauch steigt aus dem Schacht.

Die Kohlenwälder nachtunten glühen,
urwilde Sonnenfeuer sprühen.
Rauch steigt aus dem Schacht.

Retter sind hinabgestiegen;
kamen nicht wieder, sie blieben liegen.
Rauch steigt aus dem Schacht.

Der Brandschlund frisst seine Opfer – und lauert.
Die brennenden Stollen werden zugemauert.
Rauch steigt aus dem Schacht.

Zweihundert waren in den Schacht gefahren.
Mütter weinen an leeren Nahren.
Rauch steigt aus dem Schacht.

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Gedicht: Der Tod im Schacht von Gerrit Engelke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Tod im Schacht“ von Gerrit Engelke thematisiert die tödliche Gefahr der Arbeit im Bergbau und die unbarmherzige Realität industrieller Katastrophen. Der wiederkehrende Refrain „Rauch steigt aus dem Schacht“ verstärkt die Ausweglosigkeit und Unabwendbarkeit des Geschehens und schafft eine bedrückende, monotone Atmosphäre, die die Beklemmung der Situation unterstreicht.

Die Beschreibung der „Kohlenwälder“, die „nachtunten glühen“, sowie der „urwilden Sonnenfeuer“ gibt der Katastrophe eine archaische, fast mythische Dimension. Die Naturgewalt im Erdinneren entzieht sich der Kontrolle des Menschen und erscheint wie ein unaufhaltsamer Feind. Die „brennenden Stollen“ symbolisieren den verschlossenen Weg zurück ins Leben – für die verschütteten Bergleute gibt es keine Rettung mehr.

Besonders tragisch ist die Darstellung der „Retter“, die ebenfalls zu Opfern werden. Sie steigen hinab, um zu helfen, doch auch sie „kamen nicht wieder“. Die Hilflosigkeit und das stille Grauen werden durch die knappe, nüchterne Sprache verstärkt. Engelke verzichtet auf Pathos und lässt die Bilder für sich sprechen.

Am Ende stehen die „Mütter“, die „an leeren Nahren“ weinen. Der Tod im Schacht wird zur kollektiven Katastrophe, die nicht nur die Arbeiter selbst, sondern auch ihre Familien und die ganze Gemeinschaft trifft. Engelke zeigt in eindringlicher Schlichtheit die zerstörerische Kehrseite der industriellen Arbeit und macht die Ohnmacht der Menschen gegenüber den Kräften der Natur und der Technik spürbar. Das Gedicht ist eine eindrucksvolle Anklage gegen die Gefahren und das Leid der Arbeitswelt im Bergbau.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.