Klage
Schlaf und Tod, die düstern Adler
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Des Menschen goldnes Bildnis
Verschlänge die eisige Woge
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Zerschellt der purpurne Leib
Und es klagt die dunkle Stimme
Über dem Meer.
Schwester stürmischer Schwermut
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Unter Sternen,
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Klage“ von Georg Trakl ist von einer tiefen, düsteren Melancholie durchzogen und stellt den Tod als unausweichliche Kraft dar, die den Menschen in einem ständigen, schicksalhaften Zwang umgibt. Zu Beginn beschreibt der Sprecher „Schlaf und Tod“, die „düsteren Adler“, die das Haupt des Menschen umrauschen. Diese Adler, die sowohl den Schlaf als auch den Tod symbolisieren, sind in ihrer Dunkelheit bedrohlich und allgegenwärtig, und ihre Präsenz verstärkt die Vorstellung vom unausweichlichen Ende des Lebens. Das „goldne Bildnis“ des Menschen – ein Symbol für seine irdische Schönheit und Einzigartigkeit – wird von einer „eisigen Woge der Ewigkeit“ verschlungen, was den Verlust und das Vergehen des Menschen in der unaufhaltsamen Strömung der Zeit darstellt.
In der zweiten Strophe wird das Bild des „purpurnen Leibs“, der „an schaurigen Riffen zerschellt“, eingeführt. Das „Purpur“ steht häufig für das Leben, das Blut und das Vergängliche, und die „Riffe“ symbolisieren gefährliche, unerbittliche Hindernisse, die das Leben zerstören. Der „purpurne Leib“ des Menschen ist dem schrecklichen Anprall des Schicksals ausgeliefert und wird in der „Ewigkeit“ zerrieben, was den Schmerz und die Zerstörung des Lebens auf drastische Weise widerspiegelt. Die „dunkle Stimme“, die über dem Meer klagt, deutet auf das Leid und die Trauer hin, die mit dem Tod verbunden sind und die von der Stille des Meeres und der Nacht nur umso stärker hervorgehoben werden.
In der dritten Strophe tritt die „Schwester stürmischer Schwermut“ auf, die den unaufhaltsamen und bitteren Einfluss des Todes weiter verstärkt. Der „ängstliche Kahn“, der unter den Sternen versinkt, wird zu einem Bild des schutzlosen Individuums, das in der Weite der Nacht und der Unbeständigkeit des Lebens auf der Reise ist. Die Nacht selbst wird als „schweigendes Antlitz“ beschrieben, was auf eine unbeteiligte, unaufgeregte, aber dennoch allgegenwärtige Dunkelheit hinweist. Diese Dunkelheit, die wie der „Tod“ als ständige Begleiterin des Lebens verstanden werden kann, lässt das menschliche Leben klein und verzweifelt erscheinen.
Trakls „Klage“ ist ein Gedicht, das die tiefere Tragik und die Ohnmacht des menschlichen Daseins gegenüber den Naturgewalten und dem Tod thematisiert. Es entwirft eine Welt, in der der Mensch unweigerlich dem unaufhaltsamen Verfall und dem Tod ausgeliefert ist, während die Natur – in Form von „Adlern“, „Riffen“ und der „stürmischen Schwermut“ – als ein unbarmherziger Spiegel der Vergänglichkeit fungiert. Das Gedicht verstärkt die existenzielle Trauer und die klagende, schmerzliche Erkenntnis des Todes als ständige Präsenz im Leben.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.