Keines Menschen Alltag ist frei von erbärmlichen Stunden,
Alles Menschenleben ist Kranken und Wiedergesunden.
Doch in der schwächsten Stunde auch flehe ich nicht um mein Leben,
Gott, du kannst es mir nehmen , du hast es mir gegeben.
Eines erfleh ich im Stande der Schwachheit von dir allein:
Laß die kraftlose Stunde mein letztes Stündlein nicht sein!
Gott , du hast mir noch immer die matten und schlaffen
Stunden zum würdigen Leben umgeschaffen –
Laß mich vom Brot des Todes nicht feige und unwürdig essen,
laß in der heiligen Wandlung mich alle durchlittene
Schwachheit vergessen!
Gebet um Kraft
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Gebet um Kraft“ von Walter Flex ist ein tiefgründiger Appell an eine höhere Macht, wahrscheinlich Gott, in Zeiten körperlicher oder seelischer Schwäche. Es reflektiert die menschliche Erfahrung von Krankheit und Genesung, von Momenten der Stärke und der Ohnmacht. Der Dichter bittet nicht um Bewahrung des Lebens, sondern um Kraft, um die Momente der Schwäche zu überwinden und ein würdevolles Ende zu finden.
Die Struktur des Gedichts ist schlicht und ergreifend. Die ersten beiden Zeilen etablieren die universelle Erfahrung des menschlichen Lebens, die von Höhen und Tiefen geprägt ist. Der Dichter erkennt die Unvermeidlichkeit von Leid und Krankheit an. Die folgenden Zeilen offenbaren die wahre Bitte: die Kraft, die Momente der Schwäche zu überwinden und ein würdiges Leben bis zum Ende zu führen. Die Wiederholung des Bittens „Gott“ unterstreicht die Ernsthaftigkeit und die Abhängigkeit von einer höheren Macht.
Die Metaphorik des Gedichts ist besonders eindrucksvoll. Die „kraftlose Stunde“ wird als ein potentielles „letztes Stündlein“ gesehen, was die Angst vor einem unwürdigen Ende verdeutlicht. Die Bitte, nicht „vom Brot des Todes feige und unwürdig zu essen“, deutet auf die Sehnsucht nach Tapferkeit und Würde im Angesicht des Todes hin. Die „heilige Wandlung“ steht für die Transformation und die Möglichkeit, durchlittene Schwächen zu überwinden und in einen Zustand der Erneuerung einzutreten.
Insgesamt ist das Gedicht ein eindringliches Gebet, das von dem Wunsch nach Stärke, Tapferkeit und Würde in Zeiten der Schwäche zeugt. Es spricht die universellen Ängste und Hoffnungen des Menschen an, die mit Krankheit, Leid und dem bevorstehenden Tod verbunden sind. Durch die schlichte Sprache und die tiefgründige Metaphorik gelingt es Flex, eine Botschaft der Hoffnung und des Trostes zu vermitteln, die über die individuelle Erfahrung hinausgeht und das menschliche Streben nach einem sinnvollen Leben widerspiegelt.
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Lizenz und Verwendung
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