Frühlingsgesang an Sulamith
Den Bäumen wachsen Augen
Im Garten und im Hain
Und tausend Leben saugen
Des Gottes Athem ein.
Die Liebe fließt in Bächen,
Sie weht im Blütenduft,
Verborgne Stimmen sprechen
Im Bach und in der Luft.
Komm Freundin, süße Taube,
Verborgne, Liebliche,
Komm zur geheimen Laube,
Umwölkt vom Blütenschnee.
Laß fühlen mich der Rede
Bezaubernde Gewalt,
Enthüll′, o Süße, Blöde,
Die herrliche Gestalt.
Der Lilien bekleidet,
Gab ihr den Frühlingsschein,
Der unter Rosen weidet,
Dein Freund ist dein, du sein!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Frühlingsgesang an Sulamith“ von Max von Schenkendorf ist eine Liebeserklärung, eingebettet in eine Naturlyrik, die von Frühlingserwachen und romantischer Sehnsucht geprägt ist. Das lyrische Ich besingt die Geliebte Sulamith und lädt sie ein, die Schönheit der Natur zu erleben und die tiefe Verbindung, die sie miteinander teilen, zu feiern. Der Frühling dient hier als Metapher für die erblühende Liebe und die sinnliche Vereinigung, die das lyrische Ich mit Sulamith anstrebt.
Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung des erwachenden Frühlings und der daraus resultierenden Lebendigkeit in der Natur. Die „Bäume wachsen Augen“, was die Beobachtungsgabe der Natur symbolisiert. Diese Naturbeobachtung geht einher mit der Beschreibung der „Liebe“, die wie fließendes Wasser „in Bächen“ fließt und als Duft in den Blüten weht. Diese Metaphern verstärken die Sinnlichkeit des Gedichts und vermitteln ein Gefühl von Lebendigkeit und Lebensfreude. Der zweite Teil des Gedichts steigert diese Atmosphäre durch die Erwähnung von „verborgnen Stimmen“, die im Wasser und in der Luft widerhallen, und deutet somit auf eine geheimnisvolle und bezaubernde Welt hin.
Im dritten und vierten Vers werden die direkte Ansprache an Sulamith und die Aufforderung zur Vereinigung deutlich. Die „süße Taube“ wird in die „geheime Laube“ eingeladen, die mit „Blütenschnee“ umgeben ist. Diese Metaphern stehen für ein verborgenes, intimes Paradies, in dem die Liebenden ihre Zuneigung ungehindert ausleben können. Das lyrische Ich wünscht sich, die „bezaubernde Gewalt“ der Rede Sulamiths zu spüren und ihre „herrliche Gestalt“ zu enthüllen. Dies deutet auf den Wunsch nach tiefer körperlicher und emotionaler Nähe hin.
Abschließend wird die Vereinigung der Liebenden im Frühling besiegelt, indem Sulamith mit Lilien verglichen wird, die vom „Frühlingsschein“ gekleidet sind. Die abschließende Aussage „Dein Freund ist dein, du sein!“ unterstreicht das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Hingabe der Liebenden. Schenkendorf verbindet in diesem Gedicht auf harmonische Weise Naturbetrachtung, Liebessehnsucht und die Sehnsucht nach Einheit und Harmonie, indem er die Bilder des Frühlings verwendet, um das Aufblühen der Liebe und die Sehnsucht nach Vereinigung zu beschreiben.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.