Früh, eh der Tag seine Schwingen noch regt
Früh, eh der Tag seine Schwingen noch regt,
Alles noch schlummert und träumet und ruht,
Blümchen noch nickt in der Winde Hut,
Eh noch im Forste ein Vogel anschlägt,
Schreitet ein Engel
Durchs tauweiße Land
Streut ans den Segen
Mit schimmernder Hand.
Und es erwachet die Au und der Wald.
Blumen bunt reiben die Äuglein sich klar,
Staunen und flüstern in seliger Schar.
Aufstrahlt die Sonne, ein Amselruf schallt.
Aber der Engel
Zog längst schon landaus.
Flog wieder heim
In sein Vaterhaus.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Früh, eh der Tag seine Schwingen noch regt“ von Hugo Ball beschreibt in lyrischer Form eine Szene der Morgendämmerung und des Erwachens der Natur, die von einem Engel begleitet wird. Die zentrale Metapher des Gedichts ist die Ankunft des Engels als Bringer des Segens, der die Welt in neuem Glanz erstrahlen lässt.
Die Struktur des Gedichts ist klar erkennbar: Zunächst wird die Stille und Dunkelheit vor dem Morgengrauen beschrieben, in der alles schläft und träumt. Dann tritt der Engel auf, der mit einer schimmernden Hand den Segen über das Land streut. Dieser Segen manifestiert sich im Erwachen der Natur: Blumen öffnen ihre Augen, die Sonne geht auf, und ein Vogelgesang erklingt. Diese Abfolge von Ruhe, Segen und Erwachen symbolisiert einen transformativen Moment, einen Neubeginn.
Der Engel verkörpert hier eine höhere Macht, die die Welt mit Leben erfüllt und eine heilsame Wirkung entfaltet. Seine Anwesenheit ist jedoch flüchtig; nachdem er seinen Segen gewirkt hat, zieht er weiter und kehrt in sein „Vaterhaus“ zurück. Dies deutet auf eine transzendente Dimension hin, die über die sichtbare Welt hinausgeht. Der Engel handelt im Verborgenen, sein Wirken ist unaufdringlich und doch tiefgreifend.
Das Gedicht zeichnet sich durch eine einfache, fast kindliche Sprache aus, die die Unmittelbarkeit und den Zauber der Naturerfahrung unterstreicht. Die Reime und der fließende Rhythmus erzeugen einen harmonischen Klang, der die positive Atmosphäre der Morgendämmerung unterstützt. Ball nutzt hier Bilder von Licht, Erwachen und Schönheit, um eine Botschaft der Hoffnung und Erneuerung zu vermitteln. Das Gedicht kann als eine spirituelle Betrachtung der Natur und der darin wirkenden Kräfte interpretiert werden.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.