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Vision

Von

Allein im weiten weißen Raum –
Und ferne Klänge
Einer stillen Musik –
Am Rande winden sich krumme Gestalten.

Die Füße werden schwer wie Blei
Und dehnen sich.
Plötzlich rauscht, ein See,
Das Blut rot im Raum.

Die Lichter ertrinken.
Sturm weht.
Dunkel wie Felsen stürzt –
Gott schreit auf.

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Gedicht: Vision von Friedrich Wilhelm Wagner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Vision“ von Friedrich Wilhelm Wagner entfaltet eine düstere und visionäre Szene, die von Isolation, Überwältigung und einem Gefühl des Zusammenbruchs geprägt ist. Zu Beginn wird der lyrische Sprecher in einem „weiten weißen Raum“ beschrieben, was eine extrem weite und zugleich leere, nahezu trostlose Umgebung suggeriert. Die „fernen Klänge einer stillen Musik“ könnten auf ein inneres, unerreichbares oder unerklärliches Erleben hinweisen, das in dieser weiten Leere mitschwingt – eine Musik, die zugleich beruhigend und unheilvoll wirkt. Doch der Eindruck von Stille wird von den „krummen Gestalten“, die sich am „Rande“ winden, gestört, was eine unheimliche Atmosphäre von Bedrohung und Entfremdung erzeugt.

In den folgenden Zeilen wird der Zustand des lyrischen Ichs zunehmend von einer körperlichen Belastung geprägt: Die „Füße werden schwer wie Blei“ und dehnen sich. Dies könnte als Symbol für die wachsende Schwere und den inneren Druck verstanden werden, der das Ich quält und seine Bewegung oder seine Freiheit einschränkt. Diese körperliche Müdigkeit und das Gefühl der Unbeweglichkeit spiegeln das seelische Unwohlsein und die lähmende Wirkung der Vision wider. Die Veränderung des Körpers in der Vision deutet auf den Verlust von Kontrolle und die zunehmende Entfremdung von der eigenen Existenz hin.

Der dramatische Übergang kommt mit dem „Plötzlich rauscht, ein See“, der als symbolisches Bild für ein gewaltsames Ereignis oder eine emotionale Erschütterung verstanden werden kann. Das „rote Blut“ im Raum verstärkt das Gefühl von Gewalt, Schmerz und Chaos und kontrastiert stark mit der bisherigen Stille und dem Leeren. Die Darstellung der Lichter, die „ertrinken“, und der „Sturm“, der weht, erzeugen eine noch stärkere Atmosphäre der Unruhe und der Zerstörung. Die Welt um das lyrische Ich scheint sich in einem Zustand des Chaos und der Dunkelheit zu befinden, während das Licht als Symbol für Klarheit und Hoffnung verloren geht.

Die letzten Zeilen des Gedichts – „Dunkel wie Felsen stürzt – / Gott schreit auf“ – verstärken das Bild des Untergangs und des dramatischen Kollapses. Die Dunkelheit, die „wie Felsen stürzt“, könnte das Unaufhaltsame und die Unvermeidlichkeit des Sturzes symbolisieren. Der Ausruf „Gott schreit auf“ bildet einen Höhepunkt der Vision und könnte als Ausdruck des göttlichen Schmerzes, der Wut oder der Enttäuschung verstanden werden, vielleicht als Reaktion auf das Leid und den Verlust, der im Gedicht thematisiert wird. Es ist ein intensives, fast apokalyptisches Bild, das auf die tiefgreifende Krise und die Zerstörung eines höheren, spirituellen oder moralischen Ordnungsgefühls hinweist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.