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Im Café

Von

Die Nacht ist langsam vorgeschritten.
Ein Gast klebt noch an einem Tisch.
Nun ist er in Absinth geglitten,
und schwimmt darin umher, ein Fisch.

Bestaunend die Metamorphose
brech ich mir den Verstand entzwei.
In meiner Kehle hängt sehr lose
ein gellender Entsetzensschrei.

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Gedicht: Im Café von Friedrich Wilhelm Wagner

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Im Café“ von Friedrich Wilhelm Wagner beschreibt eine surreale und fast albtraumhafte Szene, die eine gewisse Entfremdung und Verzweiflung in einem Café widerspiegelt. Zu Beginn wird eine stille, fast bedrückende Atmosphäre geschaffen: „Die Nacht ist langsam vorgeschritten“, was auf eine späte Stunde und eine Zeit der Besinnung oder des Rückzugs hinweist. Der Gast, der „noch an einem Tisch klebt“, ist ein Bild für die bleierne Schwere der Nacht und vielleicht auch für die Einsamkeit des Individuums in diesem Moment. Die Metapher des Gastes, der in Absinth „geglitten“ ist und „drin umher schwimmt, ein Fisch“, stellt eine gefährliche Verwandlung oder einen Zustand des Rausches dar, der den Gast in eine Art unwirkliche, fremdartige Welt eintauchen lässt. Der Absinth, ein starkes und berauschendes Getränk, wird hier als ein Mittel beschrieben, das den Gast sowohl physisch als auch metaphorisch in einen Zustand der Entfremdung versetzt.

Die zweite Strophe reflektiert die verstörte Wahrnehmung des lyrischen Ichs, das die „Metamorphose“ des Gastes bestaunt. Der Gedanke an diese Verwandlung („Metamorphose“) und das „Brechen“ des Verstandes deuten auf eine tiefere Krise hin, die durch den Anblick dieses Umwandlungsprozesses ausgelöst wird. Die Szene scheint für das lyrische Ich so surreal und erschreckend zu sein, dass es nicht in der Lage ist, diese Veränderung rational zu fassen. Die „lose“ Kehle, in der ein „gellender Entsetzensschrei“ hängt, verstärkt das Gefühl des Schocks und der Unfähigkeit, die Situation zu begreifen. Der „Entsetzensschrei“ bleibt ungehört oder unerhört – er ist im Inneren des lyrischen Ichs gefangen, was seine Hilflosigkeit und die zunehmende Verwirrung verdeutlicht.

Das Gedicht kann als eine Reflexion über die Verlockungen und Gefahren des Rausches oder der Entfremdung verstanden werden. Der Absinth, der den Gast in einen Zustand der Verwandlung versetzt, steht als Symbol für den Fluchtmechanismus, der den Menschen aus der Realität herausführt und ihn in eine andere, surreal verzerrte Welt eintauchen lässt. Doch diese Flucht führt nicht zu Erlösung, sondern zu einer weiteren Zerrüttung des Verstandes und der Identität. Die Wirkung des Absinths und die Metamorphose des Gastes sind ein Spiegelbild der Entfremdung und des Verlusts, die das lyrische Ich in dieser Nacht zu erleben scheint.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.