Mutterliebe
Wenn Du noch eine Mutter hast
so danke Gott und sei zufrieden
nicht allen auf dem Erdenrund
ist dieses hohe Glück geschieden.
Sie ist dein Sein, sie ist Dein werden
sie ist Dein allerhöchstes Gut
sie ist Dein größter Schatz auf Erden
der immer Dir nur Gutes tut.
Sie hat von ersten Tage an
für dich gelebt, in bangen Sorgen
sie brachte abends dich zur Ruh
und weckte küssend dich am Morgen
Und warst du krank, sie pflegte dich
die dich in tiefem Schmerz geboren
und gaben alle dich schon auf
die Mutter gab dich nie verloren.
Wenn Du noch eine Mutter hast
dann sollst Du sie in Liebe pflegen
daß sie dereinst ihr müdes Haupt
in Frieden kann zur Ruhe legen.
Und hast Du keine Mutter mehr
und kannst du sie nicht mehr beglücken
so kannst du doch ihr frühes Grab
mit frischen Blumenkränzen schmücken.
Ein Muttergrab, ein heilig Grab
für Dich die ewig bleibende Stätte
oh wende Dich an diesen Ort
wenn dich umtobt des Lebens Wilde.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Mutterliebe“ von Friedrich Wilhelm Kaulisch ist ein inniger, gefühlvoller Lobgesang auf die Mutter und ihre unvergleichliche Bedeutung im Leben eines Menschen. In schlichter, volksliedhafter Sprache entfaltet Kaulisch ein Bild der Mutter als Inbegriff selbstloser Liebe, Fürsorge und Lebensbegleitung – eine Figur, die sowohl im Leben wie auch im Tod ein zentraler Bezugspunkt bleibt.
In den ersten Strophen wird die Mutter als das höchste irdische Gut beschrieben. Die Dankbarkeit gegenüber Gott für das Geschenk einer lebenden Mutter bildet den emotionalen Auftakt. Kaulisch betont, dass nicht alle Menschen dieses Glück besitzen, was das lyrische Ich umso eindringlicher dazu bewegt, zur Wertschätzung aufzurufen. Die Mutter erscheint dabei als Ursprung und ständige Quelle des Lebens – sowohl biologisch als auch emotional.
Besonders bewegend sind die Beschreibungen der mütterlichen Fürsorge: vom sanften Erwachen am Morgen bis zur aufopferungsvollen Pflege im Krankheitsfall. Diese Alltagsszenen sind bewusst einfach gehalten, doch gerade in dieser Schlichtheit liegt ihre Kraft. Sie zeigen, dass Mutterliebe sich im Konkreten, im beständigen Kümmern äußert – in einer Liebe, die selbst dann nicht aufgibt, wenn andere längst resigniert haben.
Die zweite Hälfte des Gedichts thematisiert die Vergänglichkeit: Die Mutter lebt nicht ewig, und wer sie verloren hat, kann ihr nur noch am Grab seine Liebe erweisen. Doch auch dieser Ort – das „heilige Grab“ – wird als bleibender Trostspender beschrieben. Inmitten des „Lebens Wilde“ wird es zum Ort der inneren Sammlung und des Rückbezugs auf die Liebe, die einen geprägt hat.
„Mutterliebe“ ist ein Gedicht, das in seinem Ton bewusst sentimental und rührend wirkt. Es richtet sich direkt an den Leser, fordert Dankbarkeit, Ehrfurcht und liebevolle Erinnerung ein. Kaulisch stellt die Mutter nicht nur als zentrale Figur des Einzelnen, sondern auch als moralisches Vorbild dar – ein Sinnbild reiner, aufopfernder Liebe, die über den Tod hinaus wirkt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.