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Das menschliche Alter

Von

Ein Kind weiß nichts von sich, ein Knabe denket nicht,
Ein Jüngling wünschet stets, ein Mann hat immer Pflicht,
Ein Alter hat Verdruß, ein Greis wird wieder Kind:
Schau, lieber Mensch, was das für Herrlichkeiten sind.

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Gedicht: Das menschliche Alter von Friedrich von Logau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Das menschliche Alter“ von Friedrich von Logau ist eine prägnante, epigrammartige Betrachtung des menschlichen Lebenslaufs. In nur vier Versen entfaltet der Dichter ein pointiertes Altersstufenmodell, das die verschiedenen Lebensphasen in jeweils einem prägnanten Merkmal charakterisiert – von der Unwissenheit des Kindes bis zur Rückkehr in kindliche Schwäche im Greisenalter.

Logau beginnt mit der Beobachtung, dass das Kind „nichts von sich“ weiß – es lebt ohne Selbstreflexion, unbewusst. Der Knabe wiederum denkt nicht, das heißt: er handelt unbedacht, lässt sich treiben. Der Jüngling wird durch das Wünschen bestimmt, ist geprägt von Sehnsüchten, Träumen und Hoffnungen. Mit dem Erwachsenenalter setzt die Pflicht ein: Der Mann ist gefordert, Verantwortung zu übernehmen und seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen.

Im Alter schlägt die Bewegung des Lebens dann in eine andere Richtung um. Der alte Mensch hat „Verdruß“, erlebt Enttäuschung, körperlichen Verfall, vielleicht Einsamkeit. Der Greis schließlich wird „wieder Kind“ – ein Motiv, das auf den Kreislaufcharakter des Lebens verweist. In hohem Alter kehren Hilflosigkeit und Abhängigkeit zurück, jedoch ohne die Unschuld und Unbeschwertheit der frühen Kindheit.

Die abschließende Zeile „Schau, lieber Mensch, was das für Herrlichkeiten sind“ wirkt ironisch – die Aufzählung klingt alles andere als herrlich. Gerade durch den Kontrast zwischen nüchterner Beschreibung und dieser abschließenden Wendung entsteht eine kritische, beinahe sarkastische Reflexion über die menschliche Existenz. Das Gedicht stellt das Leben nicht als heroischen Aufstieg, sondern als Kreislauf von Unwissenheit, Wunsch, Last und Rückbildung dar.

Logau gelingt es, in wenigen Worten eine tiefgründige, fast philosophische Betrachtung über das menschliche Dasein zu formulieren. In der Tradition barocker Sinnsprüche mahnt er zur Bescheidenheit und Einsicht in die Vergänglichkeit, ohne dabei in Sentimentalität zu verfallen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.