In jedes Menschen Gesichte
Steht seine Geschichte,
Sein Hassen und Lieben
Deutlich geschrieben;
Sein innerstes Wesen,
Es tritt hier ans Licht –
Doch nicht jeder kann’s lesen,
Verstehn jeder nicht.
In jedes Menschen Gesichte
Steht seine Geschichte,
Sein Hassen und Lieben
Deutlich geschrieben;
Sein innerstes Wesen,
Es tritt hier ans Licht –
Doch nicht jeder kann’s lesen,
Verstehn jeder nicht.

Das Gedicht „In jedes Menschen Gesichte“ von Friedrich von Bodenstedt thematisiert die Idee, dass das innere Leben eines Menschen, seine Erfahrungen und Gefühle, in seinem Gesicht sichtbar sind. Der erste Vers, „In jedes Menschen Gesichte / Steht seine Geschichte“, vermittelt die Vorstellung, dass die Erlebnisse eines Menschen – seine Freude, sein Schmerz, seine Liebe und sein Hass – in seinem Gesicht ablesbar sind. Es ist eine klare Aussage, dass das äußere Erscheinungsbild eines Menschen von seinen inneren Erfahrungen geprägt ist.
Im weiteren Verlauf des Gedichts wird diese Idee vertieft: „Sein Hassen und Lieben / Deutlich geschrieben“. Das Gesicht dient hier als „offenes Buch“, das die emotionalen Zustände des Individuums offenbart. Das Hassen und Lieben, als zentrale menschliche Regungen, sind nicht nur abstrakte Konzepte, sondern sie spiegeln sich unmittelbar im Gesichtsausdruck wider. Der Ausdruck „deutlich geschrieben“ lässt darauf schließen, dass diese Gefühle unausweichlich und unverkennbar sind, auch wenn sie vielleicht nicht immer bewusst wahrgenommen werden.
Das Gedicht nimmt jedoch eine relativ komplexe Wendung, wenn es sagt: „Doch nicht jeder kann’s lesen, / Versteh’n jeder nicht.“ Diese Zeilen verdeutlichen, dass das, was im Gesicht eines Menschen sichtbar ist, nicht immer von jedem richtig verstanden wird. Die Fähigkeit, die „Geschichte“ eines Menschen im Gesicht zu lesen, ist eine Form der Empathie und Einsicht, die nicht jedem gegeben ist. Es gibt eine Barriere zwischen dem, was sichtbar ist, und dem, was tatsächlich verstanden wird. Dies kann auf die Komplexität menschlicher Kommunikation und die Schwierigkeiten der echten zwischenmenschlichen Verständigung hinweisen.
Insgesamt vermittelt das Gedicht die tiefgründige Botschaft, dass die wahre Geschichte eines Menschen sich nicht nur in seinen Worten, sondern auch in seinen Gesichtszügen widerspiegelt. Doch die Fähigkeit, diese „Geschichte“ zu erkennen und zu verstehen, ist nicht jedem zugänglich. Das Gedicht fordert dazu auf, hinter die äußere Fassade zu blicken und sich bewusst zu machen, dass jeder Mensch eine Geschichte trägt, die oft nur auf subtile Weise erkennbar ist.
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