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Sonett

Von

Was will das bunte Tageslicht mir geben?
Den trüben Blick verwunden seine Farben;
Nur denen blühend, so im Herzen starben,
Den muntern Augen, die dem Leben leben.

Bis mich die Zeit zum Tode wird erheben,
Lieb‘ ich im Leben nichts, als seine Narben,
Weil sie die Lust zum Leben mir verdarben
Und ewig wehren nach dem Nichts zu streben.

Im Dunkel nur, das alles zart verkleidet,
Ergetzt mein Auge sich, und mein Verlangen
Entzünden schöner Liebe goldne Fernen.

Des Todes Bild, das helle Laute meidet,
Kömmt freundlich in der stillen Nacht gegangen,
Umfunkelt von des Himmels ew’gen Sternen.

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Gedicht: Sonett von Friedrich Schlegel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sonett“ von Friedrich Schlegel thematisiert das Verhältnis des Dichters zum Leben, zum Tod und zur tiefen Sehnsucht nach einer überweltlichen Liebe. In der ersten Strophe beschreibt der Sprecher das „bunte Tageslicht“ als etwas, das nur dem „muntern Auge“, demjenigen, der das Leben unbeschwert genießt, Freude bringt. Für den Sprecher jedoch, der innerlich durch „blühende Herzen“ gestorben ist, hat das Tageslicht keine heilende Kraft. Stattdessen wird es als trübe und verblassend wahrgenommen. Schlegel verwendet hier die Metapher der „Narben“, die den Schmerz und die Enttäuschung des Lebens symbolisieren – als etwas, das das Leben verdorben hat und nicht mehr von reinem Genuss oder Freude geprägt ist.

In der zweiten Strophe wird dieser Gedankengang fortgesetzt, als der Sprecher seine Liebe zum Leben als eine „Lust“ zu den „Narben“ bezeichnet. Er spricht von der Unfähigkeit, die „Lust zum Leben“ wirklich zu empfinden, da diese von den Schmerzen und den Verletzungen des Lebens getrübt wird. Der Dichter scheint hier zu sagen, dass die Narben des Lebens, also die Enttäuschungen und das Leiden, die wahre Freude am Leben verdorben haben. Es bleibt ein Gefühl der Entfremdung, ein Verlangen nach einem Zustand, in dem diese Narben nicht mehr existieren oder keine Bedeutung mehr haben.

Die letzte Strophe bringt die Wendung des Gedichts, als der Sprecher sich an das „Dunkel“ wendet, das das Leben mit einer gewissen Sanftheit umhüllt. In der Dunkelheit, die alles „zart verkleidet“, findet der Dichter Trost und Schönheit. Es ist ein Bild der Stille und des Friedens, das mit der Idee des Todes und der ewigen Ruhe verbunden ist. „Schöne Liebe“ und „goldne Fernen“ könnten als Metaphern für eine jenseitige oder transzendente Liebe verstanden werden, die im Diesseits nicht zu finden ist, aber in der Dunkelheit des Todes ihre Erfüllung finden könnte. Das Bild des „Todes“, das in der Nacht „freundlich“ kommt, ist hier kein furchterregendes Ende, sondern eher ein stiller Begleiter, der den Dichter zu einer höheren, vielleicht spirituellen Erkenntnis führt.

Schlegels Sonett zieht eine klare Linie zwischen der Unzulänglichkeit des irdischen Lebens und der Sehnsucht nach etwas Höherem, das nur im Dunkel des Todes oder im Unbekannten zu finden ist. Der Tod ist hier nicht als ein schreckliches Ende, sondern als ein friedlicher Übergang dargestellt, der den Dichter in eine „ewige“ Welt der Ruhe und Schönheit führt. Das Gedicht spiegelt die romantische Philosophie wider, dass wahre Schönheit und Liebe nicht in der sichtbaren Welt, sondern in einer anderen, transzendenten Ebene zu finden sind, die nur im Tod oder im Dunkel des Unbekannten greifbar ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.