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Winter und Frühling

Von

Ich danke Gott, daß diese Plage
Gefallen in die kurzen Tage,
Die schneller gehn mit nächt’gem Tritt,
Und nehmen doch die Plage mit.

Mir blieb in diesen kurzen Tagen
Nur Zeit zu tragen, nicht zu klagen,
Und kaum hielt die Besinnung Schritt,
Wie es im Wirbel weiter glitt.

Einst schön in sommerlangen Tagen
Weich unter Blumen will ich klagen,
Ich tröste mich schon jetzt damit,
Was ich in diesen Tagen litt.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Winter und Frühling von Friedrich Rückert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Winter und Frühling“ von Friedrich Rückert behandelt auf eindrucksvolle Weise den Umgang mit Leid und die Hoffnung auf bessere Zeiten. Der Sprecher äußert seinen Dank darüber, dass das aktuelle Leid in die kurzen Wintertage gefallen ist, in eine Zeit, die rasch vergeht. Die Schnelligkeit der dunklen Tage hilft ihm, die Plage schneller zu überstehen, ohne sich lange in ihr zu verlieren.

Die kurzen Tage lassen kaum Raum für Klage; sie fordern stattdessen bloß das stille Ertragen des Schmerzes. Rückert beschreibt ein Bild von hastiger, fast automatischer Bewältigung: Der Schmerz wird getragen, die Gedanken kommen kaum hinterher. Dieses Motiv zeigt eine gewisse Resignation, aber auch eine bewusste Entscheidung, nicht in der Klage zu verweilen.

Interessant ist die Vorstellung, dass das Klagen selbst seine Zeit und seinen Raum haben wird – jedoch erst später, in den langen, warmen Sommertagen, wo der Schmerz unter Blumen weich beklagt werden kann. Diese Verschiebung des Gefühlsausdrucks in eine freundlichere Jahreszeit verleiht dem Gedicht eine leise Hoffnung: Das Leid wird nicht verdrängt, sondern soll einen würdigen, schönen Rahmen erhalten.

Rückerts Sprache ist klar und ruhig, der Rhythmus des Gedichts folgt dem gedämpften, aber stetigen Takt des Lebens in Leidenszeiten. „Winter und Frühling“ bietet damit ein bewegendes Bild für menschliche Stärke: das stille Erdulden von Schmerz in dunklen Zeiten und das Bewahren der Hoffnung auf einen sanfteren Ausdruck des Schmerzes in besseren Tagen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.