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Der Wärterin

Von

Den du weder hast geboren,
Noch gesäugt an Mutterbrust,
Ihn mit freier Lieb erkoren,
Eltern gleich an Schmerz und Lust;
Hättest ihn wie wir verloren,
Und ersparst uns den Verlust.
Ja, er wird zurückbeschworen
Von des Todes dunklen Thoren,
Wenn zum Guten, das du thust,
Thut der gute Gott das Beste!
Dann zu seinem Wiegenfeste,
Das sein Heimgang wollte werden,
Soll, solang‘ er geht auf Erden,
Er zuerst der Mutter danken,
Die ihn einführt‘ in die Schranken,
Und dann dir, die mit Beschwerden
Uns zurück gebar den Kranken.

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Gedicht: Der Wärterin von Friedrich Rückert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Wärterin“ von Friedrich Rückert widmet sich auf einfühlsame Weise dem tiefen Dank an eine Pflegerin oder Wärterin, die sich einem kranken Kind liebevoll angenommen hat. Gleich zu Beginn wird betont, dass die Wärterin keine leibliche Mutter ist und dennoch mit freier, aufrichtiger Liebe handelt, als wäre sie es – eine Liebe, die Schmerz und Freude gleichermaßen umfasst.

Rückert stellt die Wärterin der Elternliebe gleich und würdigt sie als jemand, der durch seine Fürsorge ein schweres Schicksal abwenden konnte. Hätte sie nicht eingegriffen, wäre der Verlust des Kindes – wie bei den Eltern – Realität geworden. Diese Vorstellung verleiht der Wärterin eine fast heilige Bedeutung, indem sie zum Werkzeug wird, durch das göttliche Güte sichtbar wird.

Das Gedicht baut eine tiefe Hoffnung auf, dass Gott das Gute, das die Wärterin getan hat, mit dem Besten belohnen möge – nämlich mit der Genesung des Kindes. Rückert verwebt hier menschliche Anstrengung und göttliches Wirken miteinander und sieht beides als untrennbar in der Rettung des Kindes verbunden.

Schließlich formuliert Rückert den Wunsch, dass das Kind, wenn es wieder gesund auf Erden wandelt, nicht nur seiner leiblichen Mutter danken möge, sondern auch der Wärterin, die es in einer zweiten Geburt durch ihre aufopferungsvolle Pflege ins Leben zurückgeführt hat. Das Gedicht ist eine tief bewegende Hommage an stille, selbstlose Fürsorge und das Wunder der Rettung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.