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Ecce homo

Von

Ja! Ich weiß, woher ich stamme!
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr‘ ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse:
Flamme bin ich sicherlich

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Gedicht: Ecce homo von Friedrich Nietzsche

Kurze Interpretation des Gedichts

Das kurze Gedicht „Ecce homo“ von Friedrich Nietzsche ist ein konzentriertes Selbstbekenntnis, das in wenigen Zeilen die Essenz seines Denkens und seiner Selbstwahrnehmung verdichtet. Es entstammt seinem gleichnamigen Spätwerk Ecce homo, das den Untertitel „Wie man wird, was man ist“ trägt – eine programmatische Reflexion über Identität, Selbsterschaffung und philosophische Leidenschaft.

Der erste Vers – „Ja! Ich weiß, woher ich stamme!“ – formuliert mit selbstbewusster Entschiedenheit Nietzsches Gewissheit über seine Herkunft, nicht im genealogischen, sondern im geistigen Sinne. Es ist ein Ausruf des Stolzes auf die eigene Individualität und schöpferische Kraft. Die Flamme, mit der er sich im zweiten Vers vergleicht, ist Symbol des unstillbaren geistigen Verlangens, der Leidenschaft und der inneren Unruhe. Sie steht für Energie, Licht, aber auch für Zerstörung – ein Bild für das Denken, das aufklärt und zugleich verbrennt.

Das Paradoxe dieser Flamme liegt in ihrer Wirkung: „Licht wird alles, was ich fasse“ – das bedeutet: Nietzsche bringt Erkenntnis, enthüllt, macht sichtbar. Gleichzeitig hinterlässt er, was er nicht festhält, als „Kohle“ – ausgebrannt, leblos, zurückgelassen. Diese Gegenüberstellung von Licht und Kohle, von Durchdringung und Zerstörung, macht das Gedicht zu einem Sinnbild für Nietzsches Philosophie: radikal, grell, schöpferisch und vernichtend zugleich.

Mit dem abschließenden Ausruf „Flamme bin ich sicherlich“ bekräftigt das lyrische Ich seine Identität als diese lodernde, verzehrende Kraft. Es ist nicht nur Beschreibung, sondern ein Akt der Selbstdefinition, wie Nietzsche ihn oft vollzieht: Der Philosoph als Künstler seines Selbst, der sich nicht nur denkt, sondern formt und bekennt. In der Kürze des Gedichts zeigt sich jene Verdichtung von Stil, Inhalt und Pathos, die typisch ist für sein Spätwerk.

„Ecce homo“ ist damit mehr als ein poetisches Fragment – es ist ein Manifest des schöpferischen Geistes, der sich selbst als glühendes Zentrum von Erkenntnis und Wandel begreift. In diesem Bild der Flamme verschmelzen Denken, Sein und Werden – ganz im Sinne von Nietzsches Philosophie des Lebens als schöpferischer Kraftakt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.