An Zimmern 2
Von einem Menschen sag ich, wenn der ist gut
Und weise, was bedarf er? Ist irgend eins,
Das einer Seele gnüget? ist ein Halm, ist
Eine gereifteste Reb‘ auf Erden
Gewachsen, die ihn nähre? Der Sinn ist des
Also. Ein Freund ist oft die Geliebte, viel
Die Kunst. O Teurer, dir sag ich die Wahrheit.
Dädalus Geist und des Walds ist deiner.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „An Zimmern 2“ von Friedrich Hölderlin stellt eine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem menschlichen Dasein und den Quellen der Erfüllung und Weisheit dar. Zu Beginn fragt der Erzähler, was ein guter und weiser Mensch wirklich braucht, wenn er in seinem Leben bereits so viel erreicht hat. Die Frage „Was bedarf er?“ ist rhetorisch und regt darüber nachzudenken, ob es überhaupt etwas gibt, das einen solchen Menschen noch bereichern könnte. Hölderlin spielt hier auf die Idee an, dass der weise Mensch in einem Zustand der inneren Fülle lebt und keine äußeren Dinge für sein Glück benötigt. Der Vers „Ist irgend eins, / Das einer Seele gnüget?“ verweist darauf, dass äußere, materielle Dinge wie Nahrung oder Besitz für den geistig Erleuchteten nicht mehr von Bedeutung sind.
In den folgenden Zeilen wird das Bild der Natur verwendet, um zu zeigen, dass der weise Mensch in Einklang mit der Welt steht. Der „Halm“ oder die „gereifteste Reb‘“ könnten als Metaphern für die Dinge in der Natur stehen, die den Menschen auf seiner Reise begleiten, doch auch sie sind nicht notwendig, um ein erfülltes Leben zu führen. Stattdessen geht es um den „Sinn“, der als die wahre Quelle von Erfüllung und Weisheit verstanden wird. Hölderlin verweist darauf, dass es nicht die äußeren Erscheinungen oder Besitztümer sind, die dem Menschen helfen, sondern das innere Verständnis und die innere Verbindung zur Welt.
In der dritten Strophe spricht der Erzähler von den verschiedenen Formen der Nähe und Verbundenheit, die der Mensch erfahren kann – etwa durch „Freunde“, die „oft die Geliebte“ oder auch durch „die Kunst“. Die Kunst wird hier als eine weitere Möglichkeit dargestellt, in der der Mensch sich ausdrücken und sich mit höheren Wahrheiten verbinden kann. Es wird betont, dass der Mensch auf vielen Wegen Erfüllung finden kann, sei es durch zwischenmenschliche Beziehungen oder durch kreative Schöpfung. Die Kunst dient dabei als ein Medium, durch das der Mensch seine tieferen Wahrheiten und sein Verständnis von der Welt manifestieren kann.
Der Schlussteil des Gedichts, in dem der Erzähler sagt: „Dädalus Geist und des Walds ist deiner“, verleiht dem gesamten Gedicht eine mystische Tiefe. Dädalus, der Erfinder der griechischen Mythologie, symbolisiert hier Kreativität und Weisheit, während der Wald als uraltes Symbol für Natur und Unendlichkeit steht. Diese Worte verknüpfen den Erzähler direkt mit einer schöpferischen, göttlichen Kraft und bezeugen, dass der weise Mensch in seiner Weisheit sowohl das schöpferische Potenzial des Geistes als auch die Tiefe und Ewigkeit der Natur in sich vereint.
Hölderlin kombiniert in diesem Gedicht philosophische Überlegungen mit einer tiefen Bewunderung für die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Der weise Mensch ist nicht nur ein Denker, sondern auch ein Schöpfer und ein Teil der unendlichen Natur, die ihn umgibt. Es ist ein Gedicht über das Streben nach innerer Erfüllung, die nicht von äußeren Faktoren abhängt, sondern von einem tiefen, verstandenen Einklang mit der Welt und dem eigenen Selbst.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.