Fragen
Wenn die Stern’ am Himmel blinken,
Wenn ihr Reigen nächtlich webt,
Künde treu mir, wo der erste,
Wo der Sterne letzter schwebt?
Wenn im regen Wogentanze
Welle mit der Welle tauscht,
O so zeig’ mir, wo die erste,
Wo der Wellen letzte rauscht?
Und vermagst du’s, so gib Kunde,
Löse mir das Schwerste frei:
Wann im Herzen wohl die Stunde
Erster, – letzter Liebe sei?
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Fragen“ von Anastasius Grün ist eine elegische Reflexion über die Unwägbarkeiten des Seins und die Suche nach dem Ursprung und dem Ende von Dingen. Es beginnt mit der scheinbar einfachen Frage nach dem Anfang und Ende der Sterne am Himmel, wobei die metaphorische Bedeutung von Anfang und Ende, von Geburt und Tod, angedeutet wird. Die rhetorischen Fragen, die an eine unbekannte Instanz oder möglicherweise an das eigene Herz gestellt werden, erzeugen eine Atmosphäre der Sehnsucht und des Grübelns. Das Gedicht greift existenzielle Fragen auf, die den Menschen seit jeher beschäftigen.
Der zweite Strophenblock erweitert das Spektrum der Fragen und bezieht die Natur mit ein. Die Frage nach der ersten und letzten Welle im stetigen Tanz des Meeres veranschaulicht die ewige Bewegung und Veränderung im Kosmos. Das Rauschen der Wellen wird als Metapher für das Leben und die Vergänglichkeit verwendet. Die wiederholte Frage nach dem „Wo“ unterstreicht die Suche nach Klarheit und Gewissheit in einer Welt, die von ständiger Bewegung und Ungewissheit geprägt ist. Die Verwendung von Naturmetaphern verleiht dem Gedicht eine universelle und zeitlose Qualität.
Die dritte und letzte Strophe konzentriert sich auf die intimste und persönlichste Frage des Gedichts: „Wann im Herzen wohl die Stunde / Erster, – letzter Liebe sei?“. Hier wird die Suche nach dem Ursprung und dem Ende auf die Liebe übertragen, ein Gefühl, das Leben und Sterben, Glück und Leid gleichermaßen beinhaltet. Die Frage nach dem ersten und letzten Moment der Liebe deutet auf die allumfassende Bedeutung der Liebe für das menschliche Dasein hin. Sie suggeriert, dass die Liebe sowohl der Anfang als auch das Ende aller Dinge sein kann.
Die Struktur des Gedichts, das sich von der äußeren Welt (Sterne, Wellen) zur inneren Welt (Liebe) bewegt, deutet auf eine zunehmende Vertiefung der Fragen und des inneren Erlebens des Sprechers hin. Das Gedicht endet mit einer unlösbaren Frage, was die Unvermeidbarkeit der Unkenntnis in Bezug auf die wichtigsten Aspekte des menschlichen Lebens unterstreicht. Es ist ein Gedicht über die Suche, die Sehnsucht und das Wissen, dass nicht alle Fragen beantwortet werden können. Die Melancholie der ungelösten Fragen spiegelt die menschliche Existenz wider.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.