Floramor oder Tausendschön
Wann die Nymphen sich ergötzen,
Und sie etwan in dem Hetzen
Eines Dornes Stachel ritzt:
Wo der Ritz sich hin ergossen,
Macht er Floramoren sprossen,
Blutes Purpur auf sie spritzt.
Jene mag die Meerschneck′ mahlen,
Die zu Hof in Purpur prahlen,
Die ein prächtig Elend ziert:
Schöner sind die Tausendschönen,
Die uns hier mit Freiheit krönen,
Wo man fromme Heerden führt.
Amarante, Liebesblüthe!
Blumen liebe ich und biete
Ehre vor den andern dir.
Du den Blumhold ehre wieder,
Stehe, wann ich liege nieder,
Dort um meine Grabesthür.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Floramor oder Tausendschön“ von Sigmund von Birken ist eine Liebeserklärung an die Natur, insbesondere an die „Tausendschönen“ (vermutlich eine Bezeichnung für Gänseblümchen), und eine Abkehr von den künstlichen Freuden der höfischen Welt. Es zeichnet sich durch eine klare Dichotomie zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen aus und verherrlicht die Freiheit und Schönheit, die in der Natur gefunden werden.
Das Gedicht beginnt mit einer idyllischen Szene, in der Nymphen sich vergnügen. Die Erwähnung eines „Dornes Stachel“ und der daraus resultierende „Blutes Purpur“ deuten auf eine Verbindung von Schmerz und Schönheit hin. Diese Verbindung mündet in der Entstehung von Floramoren, was die Geburt von Schönheit aus einer kleinen Verletzung oder einem kleinen Unglück symbolisieren könnte. Der Kontrast zwischen dem flüchtigen Schmerz und der dauerhaften Schönheit der Blumen setzt den Ton für die nachfolgende Kritik an der Welt des Hofes.
Der zweite Teil des Gedichts wendet sich von der Natur ab und kritisiert die „Meerschneck’“ und ihre „Purpur“ Pracht, die als „prächtig Elend“ bezeichnet wird. Hier wird die höfische Welt mit ihrer Oberflächlichkeit und ihrem Reichtum, der durch äußere Zurschaustellung erlangt wird, kritisiert. Im Gegensatz dazu werden die „Tausendschönen“ gelobt, die „mit Freiheit krönen“ und die „fromme Heerden“ (hier wohl im Sinne von einfachen, frommen Menschen) anziehen. Das Gedicht wählt also klar die Einfachheit, die Natürlichkeit und die wahre Schönheit gegenüber den künstlichen, vergänglichen Freuden des Hofes.
Der Schluss des Gedichts ist eine direkte Anrufung der „Amarante, Liebesblüthe!“, eine weitere Blumenart oder eine Metapher für die geliebte Person. Der Dichter erklärt seine Liebe zu den Blumen und bittet sie, ihn nach seinem Tod am Grab zu ehren. Dies verstärkt die Botschaft der Liebe zur Natur und die Sehnsucht nach Beständigkeit über den Tod hinaus. Die Blumen symbolisieren hier die Ewigkeit, die Schönheit und die Liebe, die in der natürlichen Welt gefunden werden können und die der Vergänglichkeit des menschlichen Lebens entgegenstehen.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.