Organismus: glaubt an Gott.
Schlüsselbein: will himmelwärts.
Um die Lippen: etwas Spott.
Und Revolte schlägt das Herz.
Ohne Heimat. Ohne Ziel.
Auch das Alter weiß man nicht.
Höchst verdächtiges Profil.
Geistig blinzelndes Gesicht.
Organismus: glaubt an Gott.
Schlüsselbein: will himmelwärts.
Um die Lippen: etwas Spott.
Und Revolte schlägt das Herz.
Ohne Heimat. Ohne Ziel.
Auch das Alter weiß man nicht.
Höchst verdächtiges Profil.
Geistig blinzelndes Gesicht.
Das Gedicht „Signalement“ von Ferdinand Hardekopf ist wie eine lakonische Personenbeschreibung verfasst und erinnert formal an eine polizeiliche Erfassung oder eine Akte. Der Begriff „Signalement“ verweist auf die äußere und innere Charakterisierung einer Figur, die hier in knappen, pointierten Beobachtungen skizziert wird. Schon die erste Zeile „Organismus: glaubt an Gott“ bringt eine absurde Verbindung von biologischer und spiritueller Ebene: Der Mensch wird auf seine körperliche Existenz reduziert, während ihm zugleich ein religiöser Glaube zugeschrieben wird.
Die weiteren Zeilen stellen die Person als ambivalent dar: Das „Schlüsselbein“ will „himmelwärts“, was einen Drang nach Höherem, vielleicht Transzendenz oder Freiheit, ausdrückt, während „etwas Spott“ um die Lippen den skeptischen, ironischen Zug des Charakters betont. Das Herz schlägt im Takt der „Revolte“, was auf eine rebellische, widerständige Haltung schließen lässt – ein Individuum zwischen Sehnsucht und Auflehnung.
In der zweiten Strophe wird die Figur weiter als heimat- und ziellos beschrieben, was sie noch stärker als entwurzelten und unsteten Typen kennzeichnet. Die fehlende Altersangabe verstärkt das Bild einer undefinierten, schwer greifbaren Existenz. Das „höchst verdächtige Profil“ spielt ironisch mit der Sprache polizeilicher Beschreibungen, während das „geistig blinzelnde Gesicht“ auf eine Mischung aus Scharfsinn und verschmitzter Skepsis hindeutet.
Hardekopf schafft mit wenigen, präzisen Zeilen das Porträt eines modernen Menschen, der zwischen Glauben, Revolte und Ironie oszilliert – ein unsteter Geist, der sich weder in gesellschaftliche noch in moralische Raster pressen lässt. Die knappe, protokollhafte Sprache wirkt distanziert und unterstreicht zugleich die ironische Brechung des „Signalements“, das mehr Fragen aufwirft als klare Konturen zeichnet.
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Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.