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Schwarz-Rot-Gold

Von

In Kümmernis und Dunkelheit,
Da mußten wir sie bergen!
Nun haben wir sie doch befreit,
Befreit aus ihren Särgen!
Ha, wie das blitzt und rauscht und rollt!
Hurra, du Schwarz, du Rot, du Gold!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist das alte Reichspanier,
Das sind die alten Farben!
Darunter haun und holen wir
Uns bald wohl junge Narben!
Denn erst der Anfang ist gemacht,
Noch steht bevor die letzte Schlacht!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Ja, die das Banner ihr gestickt,
Ihr Jungfern unverdrossen,
Derweil am Feuer wir gebückt
Uns Flintenkugeln gossen:
Nicht, wo man singt nur oder tanzt,
Geschwungen sei’s und aufgepflanzt! –
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Denn das ist noch die Freiheit nicht,
Die Deutschland muß begnaden,
Wenn eine Stadt in Waffen spricht
Und hinter Barrikaden:
„Kurfürst, verleih! Sonst – hüte dich! –
Sonst werden wir – großherzoglich!“
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Die ungeteilte, ganze,
Wenn man ein Zeughaustor erbricht,
Und Schwert sich nimmt und Lanze;
Sodann ein weniges sie schwingt,
Und – folgsamlich zurück sie bringt!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn ihr an Brockhaus‘ Glase
Ausübt ein klirrend Strafgericht
Ob einer Dresdner Nase!
Was liegt euch an dem Sozius?
Drauf: – in die Hofburg Stein und Schuß!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Wenn man, statt Patronen,
Mit keiner andern Waffe ficht,
Als mit Petitionen!
Du lieber Gott: – Petitioniert!
Parlamentiert, illuminiert!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Das ist noch lang die Freiheit nicht,
Sein Recht als Gnade nehmen
Von Buben, die zu Recht und Pflicht
Aus Furcht nur sich bequemen!
Auch nicht: daß, die ihr gründlich haßt,
Ihr dennoch auf den Thronen laßt!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Die Freiheit ist die Nation,
Ist aller gleich Gebieten!
Die Freiheit ist die Auktion
Von dreißig Fürstenhüten!
Die Freiheit ist die Republik!
Und abermals: die Republik!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Die eine deutsche Republik,
Die mußt du noch erfliegen!
Mußt jeden Strick und Galgenstrick
Dreifarbig noch besiegen!
Das ist der große letzte Strauß –
Flieg aus, du deutsch Panier, flieg aus!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Zum Kampfe denn, zum Kampfe jetzt!
Der Kampf nur gibt dir Weihe!
Und kehrst du rauchig und zerfetzt,
So stickt man dich aufs neue!
Nicht wahr, ihr deutschen Jungfräulein?
Hurra, das wird ein Sticken sein!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Und der das Lied für euch erfand
In einer dieser Nächte,
Der wollte, daß ein Musikant
Es bald in Noten brächte!
Heißt das: ein rechter Musikant!
Dann kläng‘ es hell durchs deutsche Land:
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Schwarz-Rot-Gold von Ferdinand Freiligrath

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schwarz-Rot-Gold“ von Ferdinand Freiligrath ist ein leidenschaftlicher Aufruf zur deutschen Revolution und zur Errichtung einer Republik. Es entstand im Zuge der Revolution von 1848/49 und spiegelt den revolutionären Geist jener Zeit wider. Die Farben Schwarz, Rot und Gold stehen hier nicht nur für das Nationalbewusstsein, sondern werden mit Kampf, Blutvergießen und dem lodernden Feuer der Freiheit verknüpft. Die wiederkehrende Zeile „Pulver ist schwarz, Blut ist rot, Golden flackert die Flamme!“ verdeutlicht diesen kämpferischen Ton und verleiht dem Gedicht eine fast hymnische Kraft.

Freiligrath kritisiert in seinem Gedicht halbherzige Reformen und symbolische Gesten, die nicht zur wirklichen Freiheit führen. Er verspottet vorsichtige Verhandlungen, Petitionen und scheinbare Erfolge, die letztlich nur den alten Mächten dienen. Für ihn kann echte Freiheit nur durch einen radikalen Umsturz erreicht werden – durch den Sturz der Monarchie und die Errichtung einer deutschen Republik. Die ironischen Anspielungen auf politische Zugeständnisse, die eher aus Angst als aus Überzeugung erfolgen, unterstreichen seine Entschlossenheit, dass die Revolution mit voller Konsequenz geführt werden müsse.

Die kraftvollen, bildreichen Verse und der eindringliche Rhythmus des Gedichts machen es zu einem Kampflied der Revolution. Die letzte Strophe deutet an, dass das Gedicht selbst als Lied durch das Land hallen und den revolutionären Geist weitertragen soll. „Schwarz-Rot-Gold“ ist somit nicht nur eine politische Botschaft, sondern auch ein literarisches Manifest für den unbedingten Freiheitskampf und den Glauben an eine republikanische Zukunft Deutschlands.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.