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Nur Vergessen

Von

Diese Wangen, diese bräunlich bleichen,
Dieses dunkle, leichtgewellte Haar;
Diese Lippen, diese tollkirschgleichen;
Dieser Augen rabendunkles Paar;
Diese Brauen, dicht und schwer gezogen;
Dieser Wimpern nachtgefärbter Samt;
Dieser Leib, so müd zurückgebogen;
Diese Hände, weich und glutdurchflammt! –

Aus dem Herzen hast Du mir getrieben,
Was es gut und stark und groß gemacht,
Tot ist alles, nur ein krankes Lieben
Zittert fäulnisfahl durch meine Nacht.
Nun, so laß das irre Haupt mich pressen
Tief ins duftdurchtränkte, weiche Haar,
Wahnwitz oder Liebe – nur vergessen,
Was ich bin und was ich war.

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Gedicht: Nur Vergessen von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nur Vergessen“ von Felix Dörmann thematisiert die zerstörerische Macht einer Liebe, die das lyrische Ich seiner seelischen Stärke und Größe beraubt hat. Es beschreibt eine tiefe innere Erschöpfung und den Wunsch, in sinnlicher Betäubung sich selbst und die Erinnerung an ein einst besseres Ich zu vergessen. Die Sprache ist bildgewaltig, sinnlich und zugleich von Verzweiflung durchzogen.

Die erste Strophe reiht eine Fülle detailreicher Beschreibungen der Geliebten aneinander: „bräunlich bleiche“ Wangen, „tollkirschgleiche“ Lippen, „rabendunkle“ Augen. Diese übersteigerten, fast überrealen Bilder erzeugen eine erotische, aber auch leicht unheimliche Wirkung – als wäre die Geliebte eine Erscheinung zwischen Faszination und Vergiftung. Die Sinnlichkeit wird überhöht und ins Düstere gewendet: „nachtgefärbter Samt“, „glutdurchflammt“ – die Geliebte scheint ebenso verlockend wie gefährlich.

In der zweiten Strophe tritt das zerstörte Ich in den Vordergrund: Was einst das Herz „gut und stark und groß“ machte, wurde durch diese Liebe ausgelöscht. Übrig bleibt nur ein „krankes Lieben“, das „fäulnisfahl“ durch die Nacht des Ichs zittert. Diese Bilder drücken seelischen Verfall und Leere aus – die Liebe hat das Ich nicht erfüllt, sondern geschwächt und krank gemacht.

Der letzte Wunsch des lyrischen Ichs ist das Vergessen – egal ob durch „Wahnwitz oder Liebe“. Es sucht Zuflucht in der Sinnlichkeit des Moments, will sein „irre[s] Haupt“ im Haar der Geliebten vergraben, um dem Schmerz und der Erinnerung zu entfliehen. So wird das Gedicht zu einer Klage über den Verlust von Identität und Größe, verursacht durch eine obsessive, zerstörerische Liebe, in der nur noch das Vergessen als Trost bleibt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.