Geliebte, kleine Braut!
Schling‘ Deines Haares Strähne
Ums Haupt mir, kleine Braut,
Zerküsse die funkelnde Träne,
Die mir von den Wimpern getaut.
Vom Elend hier auf Erden
Hab‘ ich genug erschaut,
Genügsam will ich werden,
Geliebte, kleine Braut!
Ich will mein Sehnen begraben,
Die Wünsche, so brennend und laut,
Du sollst allein mich haben,
Geliebte, kleine Braut!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Geliebte, kleine Braut!“ von Felix Dörmann ist eine zarte, zugleich resignative Liebeserklärung, in der das lyrische Ich Trost und Rückzug in der geliebten Person sucht. Nach einer vom „Elend“ geprägten Lebenserfahrung erscheint die „kleine Braut“ als Quelle der Ruhe und als Rettung aus einer Welt voller Enttäuschungen und Schmerz.
Die erste Strophe beginnt mit einer sinnlichen Geste: Die Geliebte soll eine „Strähne“ ihres Haares um das Haupt des lyrischen Ichs schlingen und die „funkelnde Träne“ wegküssen. Diese Berührung drückt sowohl Trost als auch Intimität aus. Das Bild zeigt das Bedürfnis nach Nähe und einer tröstenden Liebe, die den inneren Schmerz lindern soll.
In der zweiten Strophe spricht das lyrische Ich von der Erschöpfung angesichts des „Elends“ der Welt. Die Aussage „genügsam will ich werden“ deutet darauf hin, dass das lyrische Ich sich aus der Unruhe des Daseins zurückziehen und sich mit der Liebe zur „kleinen Braut“ begnügen möchte. Die Welt bleibt eine schmerzvolle Erfahrung, der man nur durch den emotionalen Rückzug entkommen kann.
Die dritte Strophe verstärkt diesen Rückzugsgedanken: Das lyrische Ich will „Sehnen begraben“ und die „brennenden Wünsche“ aufgeben, um sich ganz der Geliebten zu widmen. Dabei wird die Liebe nicht als leidenschaftlicher Rausch beschrieben, sondern als ein Ort der Ruhe und Hingabe. Die Geliebte wird zum Zufluchtsort, zur einzigen Konstante in einer feindlichen und unerträglichen Welt.
Das Gedicht zeigt damit eine Liebesbeziehung als Gegenpol zur Weltflucht: Die Liebe ist hier nicht dramatisch, sondern sanft, tröstlich und heilend – ein leises, doch kraftvolles Mittel gegen die Resignation gegenüber dem Leben.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.