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Einsam

Von

Abgeschüttelt
Hab‘ ich meiner Freunde Scharen,
Einsam bin ich geworden
Köstlich einsam…

Wie ferner Brandung
Schütterndes Tosen verklang
Der Lärm des Lebens,
Einsam bin ich geworden,
Köstlich einsam…

Aus tödtlichem Schlummer
Erstand meine Seele,
Und mit leiser, leiser,
Ängstlich-wagender Stimme singt sie
Alte, süße,
Thörichte Kinderweisen!
Einsam bin ich geworden,
Köstlich einsam. –

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Gedicht: Einsam von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Einsam“ von Felix Dörmann reflektiert die existenzielle Erfahrung der Einsamkeit, die nicht nur als Zustand der Isolation, sondern auch als eine tiefe, fast wehmütige Erfüllung dargestellt wird. Der Beginn des Gedichts, in dem das lyrische Ich „meiner Freunde Scharen“ abgeschüttelt hat, deutet darauf hin, dass es sich bewusst von sozialen Bindungen und äußeren Verpflichtungen entfernt hat. Diese Entscheidung, „einsam“ zu sein, wird jedoch nicht als bloße Trennung verstanden, sondern als eine „köstliche“ Einsamkeit, die eine gewisse Erhebung und innere Klarheit mit sich bringt.

Die Wiederholung des Satzes „Einsam bin ich geworden, köstlich einsam“ verstärkt die Bedeutung dieser Einsamkeit. Sie wird als wertvoll und beinahe heilig dargestellt, als ein Zustand, der zu einer neuen Art des inneren Friedens führt. In der zweiten Strophe wird die Einsamkeit mit dem Bild der „fernen Brandung“ und dem „Tosen“ des Lebens verglichen, das langsam verklungen ist. Diese Metapher verdeutlicht den Gegensatz zwischen der chaotischen Welt und der inneren Ruhe, die das lyrische Ich in der Einsamkeit zu finden scheint. Die „ferne Brandung“ symbolisiert das Aufgeben von äußeren Ablenkungen und den Abstand von den ständigen Störungen des Lebens.

Im dritten Abschnitt des Gedichts wird die Einsamkeit als ein Prozess der spirituellen und emotionalen Wiedergeburt beschrieben. Das lyrische Ich spricht von einem „tödlichen Schlummer“, aus dem „meine Seele“ erstanden ist, was auf eine Art Erwachen oder Wiedergeburt hinweist. Die „leise, ängstlich-wagende Stimme“ singt „alte, süße, thörichte Kinderweisen“, was die Rückkehr zu einfachen, vielleicht naiven Freuden symbolisiert. Diese „Kinderweisen“ könnten für eine Reinheit und Unschuld stehen, die das lyrische Ich wiederentdeckt, nachdem es sich von der Welt und ihren Erwartungen entfernt hat.

Die Sprachbilder und die rhythmische Struktur des Gedichts vermitteln eine Atmosphäre von Melancholie und Zartheit. Die Einsamkeit wird nicht als quälender Zustand dargestellt, sondern als eine Art kostbares, inneres Erblühen. Die Wiederholung der Einsamkeit als „köstlich“ zeigt, dass das lyrische Ich einen inneren Frieden und eine Verbindung zu sich selbst gefunden hat, die in der hektischen Welt des äußeren Lebens verloren gegangen waren. Die Einsamkeit erscheint hier als ein Weg zur Selbstfindung und zur Rückkehr zu einer ursprünglichen, kindlichen Freude.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.