Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , , , , , , , ,

Dämmerung

Von

Zur Abendzeit, wenn sich die Wolken färben,
Wenn Alles glüht in rötlich-gelbem Licht,
Da muß der Sinne Glut in mir ersterben,
Und keusch und lauter meine Seele spricht, –
Zur Abendzeit, wenn sich die Wolken färben.

Und es erwacht in ihr ein tiefes Sehnen,
Nach keuscher Liebe zittert ihr Gebet,
Und niederrieseln ätzend-scharfe Tränen,
Sie weiß es wohl, daß es zu spät, zu spät!
Und immer qualenreicher wird das Sehnen.

Mit stiller Freude sehn es die Dämonen
Und flüstern süß-verlockend ihr ins Ohr:
Wir wollen Dich für jede Qual entlohnen,
Auf, auf, sei stark und raffe Dich empor!
Und immer süßer locken die Dämonen

Erstorbne Gluten wieder sich entflammen,
Es stöhnt das Herz nach jener Trunkenheit,
In welcher das Bewußtsein bricht zusammen,
Nach Wollustkrämpfen meine Seele schreit;
Erstorbne Gluten wieder sich entflammen!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Dämmerung von Felix Dörmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Dämmerung“ von Felix Dörmann thematisiert das Aufeinandertreffen von innerem Sehnen und den verführerischen, aber zerstörerischen Versuchungen der Leidenschaft. Es beginnt mit der Beschreibung eines ruhigen, aber intensiven Augenblicks der Dämmerung, in dem die Wolken „sich färben“ und alles in „rötlich-gelbem Licht“ erstrahlt. In dieser Szenerie soll jedoch der „Sinne Glut“ in dem Sprecher „ersterven“, was auf eine bewusste Zurückhaltung und ein Streben nach geistiger Reinheit hindeutet. Das Bild der „keuschen Liebe“ und des Gebets nach innerer Reinheit unterstreicht den inneren Konflikt zwischen Verlangen und der Suche nach moralischer oder spiritueller Klarheit.

Doch trotz des Bestrebens nach Keuschheit erwacht in der Seele des Sprechers ein tiefes, schmerzhaftes Sehnen, das in den „ätzend-scharfen Tränen“ zum Ausdruck kommt. Diese Tränen symbolisieren das Wissen um den Schmerz und die Unmöglichkeit, das Verlangen zu stillen. Der wiederholte Vers „zu spät, zu spät“ zeigt die Verzweiflung und das Gefühl der Unentrinnbarkeit. Der Sprecher erkennt, dass seine Sehnsucht unerfüllbar ist, was den inneren Konflikt und die qualvolle Emotion verstärkt.

In der dritten Strophe erscheinen die „Dämonen“, die als personifizierte Versuchungen agieren. Sie flüstern dem Sprecher verlockende Worte ins Ohr und versprechen eine Belohnung für die Überwindung seiner inneren Qualen. Diese Dämonen symbolisieren die verführerische Macht der Lust und der Verführung, die das innere Sehnen zu einem gefährlichen, zerstörerischen Verlangen steigern. Die Stimme der Dämonen wird als „süß-verlockend“ dargestellt, was auf die Faszination und die nahezu unwiderstehliche Anziehungskraft von Begierde und Lust hinweist.

Im letzten Abschnitt wird das Bild der „erstorbenen Gluten“ aufgegriffen, die wieder „sich entflammen“, was das Wiederaufleben der verlorenen Leidenschaft und das Verlangen nach ekstatischer Lust symbolisiert. Das Herz stöhnt nach der „Trunkenheit“ und den „Wollustkrämpfen“, was die körperliche und geistige Erschöpfung durch übermäßige Hingabe an die Lust verdeutlicht. Die Schilderung von „Wollustkrämpfen“ weist auf die Zerstörung hin, die mit der völligen Hingabe an diese Triebe einhergeht. Das Gedicht endet mit einem Gefühl der Ohnmacht, da die wiedererwachten Glut des Verlangens und die damit verbundene innere Zerrissenheit die Seele des Sprechers weiter quälen. Dörmann nutzt hier starke Bilder von Licht, Verführung und Verfall, um die Spannung zwischen dem Streben nach Reinheit und den unkontrollierbaren Kräften der Begierde zu erfassen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.