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Zwei Leben in einer Gestalt

Von

Einst stand der Dorn ohne blühenden Duft,
Verdorrend im eisigen Windeshauch,
Da quoll vom Süden wabernde Luft:
Und sonnig umwarb sie den Dornenstrauch;
Da sproßten ihm Blätter und Knospen auch
Mit zwingender Lebensgewalt.
Nun brennen im blühenden Dornenstrauch
Zwei Leben in einer Gestalt.

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Gedicht: Zwei Leben in einer Gestalt von Felix Dahn

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zwei Leben in einer Gestalt“ von Felix Dahn thematisiert Wandlung und Lebenskraft durch äußeren Einfluss – vermutlich im übertragenen Sinne durch Liebe, Hoffnung oder eine seelische Erneuerung. Im Zentrum steht das Bild eines Dornenstrauchs, der zunächst als verdorrt, leblos und dem „eisigen Windeshauch“ ausgeliefert beschrieben wird. Diese erste Bildhälfte symbolisiert Kälte, Isolation oder emotionale Erstarrung.

Die Wende erfolgt mit dem Einströmen „wabernder Luft“ vom Süden – traditionell ein Bild für Wärme, Leben und Erneuerung. Diese Veränderung bringt nicht nur äußerliches Erblühen, sondern eine innere Wandlung: Der Strauch beginnt zu leben, entwickelt „Blätter und Knospen“ – Zeichen des Wachstums und der Hoffnung. Besonders eindrücklich ist die Formulierung von der „zwingenden Lebensgewalt“, die eine unaufhaltsame, fast übernatürliche Kraft der Erneuerung beschreibt.

Im Schlussvers wird die zentrale Metapher des Gedichts deutlich: „Zwei Leben in einer Gestalt“. Der Strauch trägt nun das alte, dornenhafte Leben und zugleich das neue, blühende Leben in sich. Es ist ein Bild für die Koexistenz von Schmerz und Schönheit, von Vergangenheit und Gegenwart, von Verletzlichkeit und Kraft.

Dahn gelingt es mit wenigen Versen, eine tiefgründige Allegorie für seelische oder existenzielle Verwandlung zu schaffen. Die äußere Natur spiegelt hier eine innere Erfahrung: Wie ein Mensch durch Zuwendung, Liebe oder Lebenswärme neu aufblühen kann – ohne dass das frühere, schmerzhafte Selbst dabei ganz verschwindet. Die Gestalt bleibt dieselbe, doch sie trägt nun zwei Leben in sich.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.