Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , ,

Ernste Mahnung

Von

Deine lachenden Augen ruhen auf mir
Sonnenscheinwarm und trösten mein Herz;
Dein kleines Grübchen der rechten Wange
Macht lustig mein Herz, denk ich blos seiner;
Dein rascher Schritt belebt mein Auge
Und spendet Flügel meinen Gedanken;
Dein Schelmenkinn dünkt mich so witzig
Wie zehn französische Komödien
Und dreißigtausend urgermanische;
Deiner Lippen geschwungener Liebesbogen
Jagt Kußwild auf in meinem Herzen
(Ich denke du findest das Bildchen zierlich!)
Und wenn du sprichst, schwillt auf mein Fühlen;
Dann bin ich selig ganz, ganz selig,
Die Engel im Himmel dann hör ich ja singen!
Aber nur eins, mein Mauserl, bitte,
Eins vermeide – es macht nervös mich -,
Sprich mir nicht das Hauptwort „Heirat“.
Dieses Hauptwort klingt so ledern,
Wie ein ganzer Leitartikel,
Und ich hasse sehr dergleichen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ernste Mahnung von Otto Julius Bierbaum

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ernste Mahnung“ von Otto Julius Bierbaum ist ein humorvolles Liebesgedicht, das die Zuneigung des Sprechers zu seiner Angebeteten in den Vordergrund rückt, aber gleichzeitig eine deutliche Warnung beinhaltet. Der Sprecher beschreibt detailliert die positiven Eigenschaften der Geliebten – ihre Augen, ihr Grübchen, ihr Gang, ihr Kinn und ihre Lippen – und betont die Freude und Seligkeit, die sie ihm bereitet. Die Sprache ist spielerisch und überbordend, voll von übertriebenen Vergleichen und einer augenzwinkernden Ironie, die den Grad der Begeisterung des Sprechers unterstreicht.

Trotz der überschwänglichen Lobpreisung ihrer Vorzüge beinhaltet das Gedicht eine klare Warnung, die den Ton abrupt verändert. Der Sprecher fleht seine Liebste an, ein einziges Wort nicht zu erwähnen: „Heirat“. Dieses Wort, so der Sprecher, klingt „so ledern“, wie ein „ganzer Leitartikel“, und wird vehement abgelehnt. Diese Ablehnung bildet den Kontrapunkt zur vorherigen Schwärmerei und offenbart eine gewisse Unsicherheit oder Abneigung des Sprechers gegenüber der Ehe. Die Ironie liegt darin, dass die überschwängliche Liebe des Sprechers im Kontext der Ehe möglicherweise nicht echt ist.

Das Gedicht kann als eine spielerische Auseinandersetzung mit den Erwartungen an die Liebe und die Ehe gelesen werden. Der Sprecher genießt die Gegenwart seiner Geliebten und schätzt die Freude, die sie ihm bringt. Gleichzeitig scheut er die Verpflichtung, die mit einer Ehe verbunden ist. Die Wahl der Wörter „ledern“ und „Leitartikel“ für die Beschreibung der Ehe deutet auf eine Ablehnung von Konventionen und eine Vorliebe für Freiheit und Ungebundenheit hin. Die ernste Mahnung ist somit nicht nur eine persönliche Bitte, sondern auch ein Kommentar zur gesellschaftlichen Erwartungshaltung.

Die Struktur des Gedichts unterstützt diese Interpretation. Der erste Teil ist durch positive Beschreibungen und eine überschwängliche Sprache gekennzeichnet. Der zweite Teil, die Mahnung, ist kurz und prägnant, aber umso wirkungsvoller. Der abrupte Wechsel des Tons und die Konzentration auf das eine verbotene Wort verdeutlichen die zentrale Botschaft des Gedichts. Es ist eine spielerische, aber ehrliche Darlegung der Ambivalenz des Sprechers gegenüber Liebe und Ehe.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.