Vormittag
Den grünen Rasen sprengt ein guter Mann.
Der zeigt den Kindern seinen Regenbogen,
Der in dem Strahle auftaucht dann und wann.
Und die Elektrische ist fortgezogen
Und rollt ganz ferne. Und die Sonne knallt
Herunter auf den singenden Asphalt.
Du gehst im Schatten, ernsthaft, für und für.
Die Lindenbäume sind sehr gut zu dir.
Im Schatten setzt du dich auf eine Bank;
Die ist schon morsch; – auch du bist etwas krank –
Du tastest heiter, daß ihr nicht ein Bein birst.
Und fühlst auf deinem Herzen deine Uhr,
Und träumst von einer schimmernden Figur
Und dieses auch: daß du einst nicht mehr sein wirst.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Vormittag“ von Ernst Blass zeichnet ein Bild von einem ruhigen, nachdenklichen Moment am Vormittag, in dem der lyrische Sprecher in der Natur verweilt und gleichzeitig eine tiefe Reflexion über das Leben und die eigene Vergänglichkeit anstellt. Die Eröffnung mit „Den grünen Rasen sprengt ein guter Mann“ vermittelt ein Bild von Aktivität und Lebendigkeit, wobei der „gute Mann“ symbolisch für den alltäglichen Menschen steht, der sich in der Welt bewegt und mit ihr in Kontakt tritt. Der Regenbogen, der in den Strahlen auftaucht, stellt einen flüchtigen Moment der Schönheit dar, der die Transzendenz des Alltäglichen betont.
Die Bewegung der „Elektrischen“, die „fortgezogen“ ist, und das ferne Rollen verdeutlichen die Entfremdung von der schnelllebigen Welt. Die Sonne, die „herunter knallt“, und der „singende Asphalt“ vermitteln die drückende Hitze und den flimmernden Zustand der Umgebung, was den Gegensatz zwischen der Natur und der urbanen Welt symbolisieren könnte. Die Entscheidung des Sprechers, „im Schatten“ zu gehen, deutet auf den Wunsch nach Ruhe und Rückzug hin, vielleicht auch als Schutz vor der Hektik des Lebens.
Im mittleren Teil des Gedichts wird der Sprecher ernsthaft und nachdenklich dargestellt. Der „morsch gewordene Bank“ und die Zeile „auch du bist etwas krank“ vermitteln den Eindruck von Ermüdung und körperlicher Einschränkung, was das zunehmende Altern oder eine körperliche Schwäche widerspiegeln könnte. Die „heiter tastende“ Haltung des Sprechers steht jedoch im Kontrast dazu – es ist ein Bemühen, mit einer gewissen Leichtigkeit und Akzeptanz mit den körperlichen Veränderungen umzugehen.
Der Schluss des Gedichts zeigt eine tiefere Reflexion über das Leben und die Vergänglichkeit. Das „Herz“ des Sprechers, das die „Uhr“ spürt, symbolisiert den inneren Takt der Zeit und die ewige Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit. Der Traum von der „schimmernden Figur“ und die Erkenntnis, dass er „einst nicht mehr sein wird“, verdeutlichen die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ende. Es ist eine ernste, aber zugleich ruhige Betrachtung des Lebenszyklus und der Akzeptanz des Unausweichlichen.
Insgesamt reflektiert das Gedicht eine gewisse Melancholie, die durch den Blick auf die Natur, die körperlichen Veränderungen und die eigene Endlichkeit entsteht. Die ruhige, nachdenkliche Stimmung wird von der Natur und der alltäglichen Szene untermalt, was die Unausweichlichkeit des Lebensflusses und der Vergänglichkeit in den Vordergrund stellt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.