Erneuter Schwur
An Friedrich Ludwig Jahn.
Juni 1814.
Wenn alle untreu werden,
So bleib′ ich euch doch treu,
Daß immer noch auf Erden
Für euch ein Streiter sei.
Gefährten meiner Jugend,
Ihr Bilder beßrer Zeit,
Die mich zu Männertugend
Und Liebestod geweiht.
Wollt nimmer von mir weichen,
Mir immer nahe sein,
Treu wie die deutschen Eichen,
Wie Mond- und Sonnenschein.
Einst wird es wieder helle
In aller Brüder Sinn,
Sie kehren zu der Quelle
In Lieb′ und Reue hin.
Es haben wohl gerungen
Die Helden dieser Frist,
Und nun der Sieg gelungen,
Uebt Satan neue List.
Doch wie sich auch gestalten
Im Leben mag die Zeit,
Du sollst mir nicht veralten,
O Traum der Herrlichkeit.
Ihr Sterne seid mir Zeugen,
Die ruhig niederschaun:
Wenn alle Brüder schweigen
Und falschen Götzen traun
Ich will mein Wort nicht brechen
Und Buben werden gleich,
Will predigen und sprechen
Von Kaiser und von Reich.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Erneuter Schwur“ von Max von Schenkendorf ist eine patriotische Ode, die in der Zeit nach den Napoleonischen Kriegen entstanden ist. Sie drückt eine tiefe Loyalität und einen unerschütterlichen Glauben an die Ideale von Einheit, Tugend und Vaterland aus. Der Adressat, Friedrich Ludwig Jahn, war eine prominente Figur der deutschen Turnbewegung und ein Vorkämpfer für nationale Einheit und Freiheit, was die politische Ausrichtung des Gedichts deutlich macht. Die Jahreszahl 1814 deutet auf eine Zeit des Umbruchs und der Hoffnung nach den Befreiungskriegen hin.
Das Gedicht gliedert sich in vier Strophen, die jeweils verschiedene Aspekte der Loyalität und des Bekenntnisses behandeln. In den ersten beiden Strophen bekräftigt der Sprecher seine Treue und Verbundenheit zu den Idealen und „Gefährten seiner Jugend“, einer Gruppe von Gleichgesinnten. Er beschwört die Bilder einer „beßren Zeit“ herauf und bekennt sich zu den Idealen der „Männertugend“ und dem „Liebestod“. Die Naturmetaphern, wie die „deutschen Eichen“ und „Mond- und Sonnenschein“, unterstreichen die Beständigkeit und Unveränderlichkeit dieser Werte. Die dritte Strophe thematisiert die Bedrohung und die Versuchung, die sich nach dem Sieg über Napoleon ergeben. Der Sprecher warnt vor „Satan[s] neue[r] List“ und beschwört die Notwendigkeit, an den Idealen festzuhalten, auch wenn die Zeiten schwierig sind.
Die letzte Strophe erreicht ihren Höhepunkt in einem kraftvollen Bekenntnis zur Wahrhaftigkeit. Der Sprecher, der sich als „Streiter“ versteht, schwört, seine Ideale, selbst angesichts von Verrat und dem Schweigen der „Brüder“, nicht aufzugeben. Er wendet sich direkt an die „Sterne“ als Zeugen seines Treuegelöbnisses und gelobt, sein Wort zu halten und „von Kaiser und von Reich“ zu sprechen. Dies zeigt die Entschlossenheit des Sprechers, seine Ideale in einer Zeit der politischen Unsicherheit und möglichen Täuschung aufrechtzuerhalten.
Die Sprache des Gedichts ist pathetisch und von einer gewissen Erhabenheit geprägt, was der Ernsthaftigkeit und der feierlichen Natur des Gelöbnisses entspricht. Schenkendorf verwendet eine einfache, klare Sprache, die für das Verständnis der politischen Ideale in der damaligen Zeit leicht zugänglich war. Die regelmäßigen Reime und der Rhythmus verleihen dem Gedicht eine hymnische Qualität, die die Botschaft der Treue und des Glaubens an eine bessere Zukunft unterstützt. Die Verwendung von direkten Anreden, wie „Ihr Sterne“ und „Ihr Bilder“, verstärkt die emotionale Wirkung des Gedichts und verdeutlicht die persönliche Hingabe des Sprechers an seine Ideale.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.