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Gesang zur Dämmerung

Von

Oktaven taumeln Echo nach durch graue Jahre,
Hochaufgetürmte Tage stürzen ein,
Dein will ich sein –
Im Grabe wachsen meine gelben Haare
Und in Holunderbäumen leben fremde Völker,
Ein blasser Vorhang raunt von einem Mord.
Zwei Augen irren ruhelos durchs Zimmer,
Gespenster gehen um beim Küchenbord.
Und kleine Tannen sind verstorbene Kinder,
Uralte Eichen sind die Seelen müder Greise,
Die flüstern die Geschichte des verfehlten Lebens,
Der Klintekongensee singt eine alte Weise.
Ich war nicht vor dem bösen Blick gefeit,
Da krochen Neger aus der Wasserkanne,
Das bunte Bild im Märchenbuch, die rote Hanne
Hat einst verzaubert mich für alle Ewigkeit.


Disclaimer: Historische Einordnung

Dieses Gedicht entstand in einer früheren historischen Epoche und enthält Begriffe oder Darstellungen, die aus heutiger Sicht als diskriminierend, verletzend oder nicht mehr zeitgemäß gelten. Die Veröffentlichung erfolgt ausschließlich zu literatur- und kulturhistorischen Zwecken sowie zur Förderung einer kritischen Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Text und seiner Zeit. Die problematischen Inhalte spiegeln nicht die heutige Haltung der Herausgeber wider, sondern sind Teil des historischen Kontextes, der zur Reflexion über den Wandel von Sprache, Werten und gesellschaftlichen Normen anregen soll.


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Gedicht: Gesang zur Dämmerung von Emmy Hennings

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Gesang zur Dämmerung“ von Emmy Hennings ist ein eindringliches, surreal anmutendes Stück, das eine Zwischenwelt zwischen Traum, Albtraum und spiritueller Vision erschafft. Der Text bewegt sich in einer düsteren, unheimlichen Atmosphäre, die durch Bilder des Verfalls, der Unruhe und der Vergänglichkeit geprägt ist. Die Dämmerung steht hier sinnbildlich für einen Übergang – zwischen Leben und Tod, Wachen und Träumen, Realität und Wahnsinn.Das Gedicht arbeitet stark mit symbolischen und mystischen Motiven: „Tannen“ als „verstorbene Kinder“ und „Eichen“ als „Seelen müder Greise“ deuten eine Welt, in der Natur und menschliche Schicksale miteinander verschmelzen. Auch der „blasse Vorhang“, der „von einem Mord“ raunt, sowie die „irren Augen“ und „Gespenster beim Küchenbord“ erschaffen eine beklemmende Szenerie, die an eine Halluzination oder eine Geistervision erinnert. Das Motiv des „verfehlten Lebens“ verstärkt die melancholisch-existenzielle Ebene des Gedichts.Sprache und Bilder sind stark expressionistisch geprägt. Die „Oktaven“, die „Echo nach durch graue Jahre“ taumeln, sowie die „hochaufgetürmten Tage“, die einstürzen, lassen das Gefühl von innerem und äußerem Zerfall aufkommen. Auch die letzten Zeilen mit der „roten Hanne“ aus dem Märchenbuch und den „Negern aus der Wasserkanne“ wirken wie Fragmente einer verstörenden Kindheitserinnerung, die sich in einen Zustand der bleibenden Verzauberung und Entfremdung verwandelt hat.Insgesamt thematisiert das Gedicht eine Welt voller innerer Dämonen und gebrochener Lebenswege. Es spiegelt die existenzielle Unsicherheit und die Grenzerfahrungen wider, die für Emmy Hennings’ Werk und ihr Leben in der Bohème und im Umfeld von Armut, Sucht und Spiritualität charakteristisch sind. Die düstere Symbolik und die unheimlichen, traumartigen Bilder machen das Gedicht zu einem intensiven Ausdruck seelischer Zerrissenheit.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

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