Budapest im Mai
O! Ihr holden Maiennächte!
Tanzen, singen, süße Geigen!
Wird dies sein mein letzter Reigen?
O! Wer mir die Wahrheit brächte!
O! Wie wir im Auto beben,
die Allee voll Fliederduft.
Blindes Haar weht in der Luft
Und so trinke ich das Leben
Hier im Mai in Budapest.
Autofahrt im Maienmorgen,
ganz berauscht und ohne Sorgen.
So genieße ich den Rest.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Budapest im Mai“ von Emmy Hennings schildert eine flüchtige Momentaufnahme voller Rausch und Vergänglichkeit. Inmitten einer Maiennacht in Budapest, umgeben von Tanz, Gesang und Musik, stellt die Sprecherin sich zugleich die Frage nach der Endlichkeit dieses Glücks: „Wird dies sein mein letzter Reigen?“ Das Vergnügen und die Lebenslust der Szene sind durchzogen von einer leisen Vorahnung, dass dieser Augenblick einzigartig und vielleicht unwiederbringlich sein könnte.
Der Widerspruch zwischen dem berauschten Erleben und der unterschwelligen Todesahnung ist typisch für Hennings’ Lyrik. Die Fahrt durch die von Fliederduft erfüllte Allee wirkt wie ein Sinnbild für das ungebundene Leben in der Bohème – das Leben „im Moment“, voll Leichtsinn und Hingabe. Gleichzeitig wird das Bild der „Autofahrt im Maienmorgen“ auch zu einer Metapher für das rasante, unaufhaltsame Voranschreiten des Lebens, das sich dem Ende zuneigt.
Sprachlich besticht das Gedicht durch seine sinnliche Bildhaftigkeit: „Blindes Haar weht in der Luft“ und der „Fliederduft“ lassen die Szene lebendig und atmosphärisch erscheinen. Doch trotz dieser Leichtigkeit schwingt stets die Frage nach der Dauerhaftigkeit des Moments mit. Das abschließende „So genieße ich den Rest“ klingt sowohl wie eine bewusste Entscheidung, den Augenblick voll auszukosten, als auch wie eine leise Resignation.
Insgesamt steht „Budapest im Mai“ exemplarisch für Hennings’ Fähigkeit, Lebensfreude mit Melancholie zu verbinden. Das Gedicht zeigt eine intensive Gegenwärtigkeit, die sich der Vergänglichkeit bewusst ist – ein bittersüßer Genuss an der Schwelle zwischen Rausch und Abschied.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.