An die Scheiben schlägt der Regen,
Eine Blume leuchtet rot,
Kühle Luft weht mir entgegen,
Wach ich, oder bin ich tot?
Eine Welt liegt weit, ganz weit;
Eine Uhr schlägt langsam vier,
Und ich weiß von keiner Zeit,
In die Arme fall ich dir…
An die Scheiben schlägt der Regen,
Eine Blume leuchtet rot,
Kühle Luft weht mir entgegen,
Wach ich, oder bin ich tot?
Eine Welt liegt weit, ganz weit;
Eine Uhr schlägt langsam vier,
Und ich weiß von keiner Zeit,
In die Arme fall ich dir…
Das Gedicht „An die Scheiben…“ von Emmy Hennings entfaltet eine dämmerhafte, traumähnliche Stimmung, die zwischen Leben und Tod, Wachen und Träumen oszilliert. Die Regentropfen, die an die Fensterscheiben schlagen, sowie die „kühle Luft“ verstärken die Atmosphäre der Einsamkeit und der Unsicherheit über den eigenen Zustand. Das lyrische Ich wirkt wie in einem Schwebezustand zwischen Bewusstsein und Auflösung.
Zentrales Motiv ist die Aufhebung der Zeit und Realität: Die Frage „Wach ich, oder bin ich tot?“ lässt offen, ob es sich um einen Traum, einen Moment der Schwäche oder gar eine Todesnähe handelt. Die Umgebung erscheint entrückt und fremd, die „weit, ganz weit“ liegende Welt verstärkt das Gefühl der Isolation und Entfremdung. Die Uhr, die „langsam vier“ schlägt, unterstreicht mit ihrer unaufhaltsamen Bewegung den Kontrast zur Haltlosigkeit der Sprecherin.
Die letzte Zeile „In die Arme fall ich dir…“ bietet eine mögliche Auflösung in der Geborgenheit oder im Loslassen. Ob es sich um einen realen Geliebten, eine spirituelle Figur oder gar den Tod selbst handelt, bleibt offen. Die sanfte Übergabe in fremde Arme zeigt sowohl Sehnsucht nach Nähe als auch das Bedürfnis nach Ruhe und Erlösung.
Insgesamt ist das Gedicht von einer schlichten, aber sehr eindringlichen Sprache geprägt. Es greift zentrale Themen der Moderne und der literarischen Bohème Hennings’ auf: existenzielle Unsicherheit, Einsamkeit und das Schwanken zwischen Realität und Traum. Die kurze Form und die offene Deutung machen den Text besonders intensiv und vielschichtig.
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