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Ätherstrophen

Von

Jetzt muss ich aus der großen Kugel fallen.
Dabei ist in Paris ein schönes Fest.
Die Menschen sammeln sich am Gare de l’est
Und bunte Seidenfahnen wallen.
Ich aber bin nicht unter ihnen.
Ich fliege in dem großen Raum.
Ich mische mich in jeden Traum
Und lese in den tausend Mienen.
Es liegt ein kranker Mann in seinem Jammer.
Mich hypnotisiert sein letzter Blick.
Wir sehnen einen Sommertag zurück…
Ein schwarzes Kreuz erfüllt die Kammer…

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ätherstrophen von Emmy Hennings

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ätherstrophen“ von Emmy Hennings vermittelt ein Gefühl der Loslösung und Entrückung, das zwischen Traum und Realität schwebt. Die erste Zeile beschreibt das lyrische Ich, das „aus der großen Kugel fallen“ muss – ein Bild, das auf den Verlust der Verankerung in der Welt hindeutet. Während in Paris ein Fest stattfindet und das Leben in ausgelassener Freude weitergeht, bleibt das Ich außen vor, nicht Teil der feiernden Menschenmenge. Die „bunten Seidenfahnen“ stehen dabei für das pulsierende, greifbare Leben, dem das Ich nicht mehr angehört.

Stattdessen findet es sich in einem Zustand zwischen Wachsein und Traum wieder. Es schwebt im „großen Raum“, durchdringt Träume und liest die Gesichter der Menschen – als sei es eine körperlose, fast übernatürliche Erscheinung. Diese Entkörperlichung verstärkt das Gefühl von Isolation und Fremdheit. Besonders eindringlich wird dieses Motiv in der Begegnung mit dem sterbenden Mann: Sein letzter Blick zieht das lyrische Ich in seinen Bann, als ob es Teil eines Übergangs in eine andere Sphäre wäre.

Die Schlussverse verstärken die melancholische Atmosphäre. Die Sehnsucht nach einem vergangenen Sommertag steht im Kontrast zur düsteren Gegenwart, in der sich ein „schwarzes Kreuz“ in der Kammer ausbreitet – ein starkes Symbol für Tod und Vergänglichkeit. Das Gedicht fängt damit den Moment einer existenziellen Schwebe ein, in der das lyrische Ich zwischen den Welten zu stehen scheint: fern vom Leben, aber noch nicht ganz im Tod, beobachtend, losgelöst und doch nicht frei.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.