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O stille dies Verlangen

Von

O stille dies Verlangen,
Stille die süße Pein!
Zu seligem Umfangen
Lass den Geliebten ein!
Schon liegt die Welt im Traume,
Blühet die duft’ge Nacht;
Der Mond im blauen Raume
Hält für die Liebe Wacht.
Wo zwei sich treu umfangen,
Da gibt er den holdesten Schein.
O stille dies Verlangen,
Lass den Geliebten ein!

Du bist das süße Feuer,
Das mir am Herzen zehrt;
Lüfte, lüfte den Schleier,
Der nun so lang mir wehrt!
Lass mich vom rosigen Munde
Küssen die Seele dir,
Aus meines Busens Grunde
Nimm meine Seele dafür –
O stille dies Verlangen,
Stille die süße Pein,
Zu seligem Umfangen
Lass den Geliebten ein!

Die goldnen Sterne grüßen
So klar vom Himmelszelt,
Es geht ein Wehn und Küssen
Heimlich durch alle Welt,
Die Blumen selber neigen
Sehnsüchtig einander sich zu,
Die Nachtigall singt in den Zweigen –
Träume, liebe auch du!
O stille dies Verlangen,
Lass den Geliebten ein!
Von Lieb‘ und Traum umfangen
Wollen wir selig sein.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: O stille dies Verlangen von Emmanuel Geibel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „O stille dies Verlangen“ von Emmanuel Geibel thematisiert die sehnsüchtige Erwartung und das Verlangen nach der Vereinigung mit dem geliebten Menschen. Das lyrische Ich drückt eine intensive, fast schmerzliche Leidenschaft aus, die nach Erfüllung strebt. Die wiederholte Bitte „O stille dies Verlangen“ betont die Dringlichkeit dieses Wunsches, während die Nacht als romantischer und geheimnisvoller Rahmen dient, der die Liebe begünstigt.

Die Natur spielt eine zentrale Rolle in der Darstellung der Liebe. Der Mond wird als Wächter der Liebenden beschrieben, Sterne grüßen vom Himmel, und selbst Blumen neigen sich sehnsüchtig einander zu. Diese Naturmetaphorik verstärkt das Gefühl einer allumfassenden Harmonie, in der Liebe und Verlangen als etwas Natürliches und Unvermeidliches erscheinen. Besonders eindrucksvoll ist das Bild der Nachtigall, die mit ihrem Gesang die Liebe besingt und das lyrische Ich dazu aufruft, sich ebenso dem Gefühl hinzugeben.

Die Sprache des Gedichts ist von Sanftheit und Sinnlichkeit geprägt. Das „süße Feuer“ der Liebe wird als innere Glut beschrieben, die das Herz verzehrt. Der Wunsch nach körperlicher Nähe wird durch die Bitte um das Lüften des Schleiers und den Austausch von Küssen und Seelen intensiviert. In der letzten Strophe steigert sich die Dringlichkeit des Verlangens zu einem beinahe kosmischen Liebeserleben, in dem Traum und Liebe miteinander verschmelzen. So zeichnet Geibel ein romantisches Bild der Liebe als tiefste menschliche Erfüllung in Einklang mit der Natur.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.