Mein Liebeslied II
Auf deinen Wangen liegen
goldene Trauben.
Aber dein Herz ist ein Wirbelwind,
dein Blut rauscht, wie mein Blut-
Süß
an Himbeersträuchern vorbei.
O, ich denke an dich –
die Nacht frage nur.
Niemand kann so schön
mit deinen Händen spielen,
Schlösser bauen, wie ich
aus Goldfinger;
Burgen mit hohen Türmen!
Strandräuber sind wir dann.
Wenn du da bist,
bin ich immer reich.
Du nimmst mich so zu dir,
ich sehe dein Herz sternen.
Schillernde Eidechsen
sind deine Geweide.
Du bist ganz aus Gold –
alle Lippen halten den Atem an.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Mein Liebeslied II“ von Else Lasker-Schüler ist ein leidenschaftlicher Ausdruck der Liebe, in dem die Dichterin ihre intensive und mystische Verbindung zu ihrem Geliebten beschreibt. Die ersten Verse, in denen „goldene Trauben“ auf den Wangen des Geliebten liegen, vermitteln ein Bild von Unschuld und Kostbarkeit. Der „Wirbelwind“ im Herzen und das „rauschende Blut“ symbolisieren die ungebändigte Kraft der Liebe, die in einem Sturm von Gefühlen und Intensität pulsiert. Es ist ein leidenschaftliches Bild, das die unermessliche Energie und das Verlangen in der Beziehung darstellt.
Die Metapher von „Süß / an Himbeersträuchern vorbei“ erweitert das Bild der Liebe, indem sie etwas Fruchtiges und Verlockendes hinzufügt. Himbeeren stehen hier für die Sinnlichkeit und die süßen Momente, die die Liebe durchdringen. Diese Verse vermitteln die Vorstellung einer Liebe, die von sinnlichen Genüssen und einer fast kindlichen Unbeschwertheit geprägt ist. Es ist eine Liebe, die nicht nur die körperliche Verbindung, sondern auch das gemeinsame Erleben von Freude und Nähe umfasst.
Die zweite Strophe bringt das Bild des Geliebten als einen kreativen und spielerischen Partner. Die Dichterin verknüpft die Vorstellung von „Schlössern“ und „Burgen“ mit einem Spiel aus Fantasie und Sehnsucht, das sie gemeinsam mit ihrem Geliebten in einer idealisierten Welt aus Gold und Märchen wahrnimmt. Die „Goldfinger“ und „hohen Türme“ symbolisieren nicht nur Reichtum und Macht, sondern auch die Möglichkeit, gemeinsam eine eigene Welt zu erschaffen, in der alles möglich scheint. Diese Verbindung wird von einem Hauch von Abenteuerlust begleitet, wie sie in den „Strandräubern“ zum Ausdruck kommt, die das Gefühl von Freiheit und Entdeckung vermitteln.
Das Bild der „sternen“ Herzen und der „schillernden Eidechsen“ in den letzten Zeilen fügt eine fast magische, transzendente Dimension hinzu. Das Herz des Geliebten wird als ein „Sternenherz“ beschrieben, das auf eine himmlische, unerreichbare Qualität hinweist. Gleichzeitig vermitteln die Eidechsen, die als „Geweide“ dargestellt werden, ein Bild von Lebendigkeit und Bewegung, was das Bild der Liebe als etwas Unaufhaltsames und Wundersames verstärkt. Der Schluss, dass „alle Lippen den Atem anhalten“, hebt die Verehrung und den Staunen über die Liebe hervor, die in ihrer Schönheit und Intensität fast überwältigend ist.
Insgesamt fängt Lasker-Schüler in diesem Gedicht eine ekstatische und mystische Darstellung der Liebe ein, die sowohl sinnlich als auch geistig ist. Die Bilder von Reichtum, Macht, Schönheit und Magie werden durch die Liebe selbst gestiftet und in einem grenzenlosen Raum der Fantasie und Intimität verortet.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.