Ich liebe dich
Ich liebe dich
und finde dich,
wenn auch der Tag ganz dunkel wird.
Mein Lebelang
und immer noch
bin suchend ich umhergeirrt.
Ich liebe dich!
Ich liebe dich!
Ich liebe dich!
Es öffnen deine Lippen sich…
Die Welt ist taub,
die Welt ist blind
und auch die Wolke
und das Laub –
– nur wir, der goldene Staub,
aus dem wir zwei bereitet:
– Sind!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Ich liebe dich“ von Else Lasker-Schüler entfaltet eine leidenschaftliche und gleichzeitig existenzielle Auseinandersetzung mit der Liebe und dem Streben nach Vereinigung. In der ersten Strophe wird die bedingungslose und unerschütterliche Liebe des lyrischen Sprechers zum Ausdruck gebracht. Der Sprecher liebt den anderen, „wenn auch der Tag ganz dunkel wird“, was auf eine Liebe hinweist, die selbst in schwierigen und trüben Zeiten Bestand hat. Diese Liebe ist eine, die über den Moment hinausgeht, eine konstante Präsenz, die dem Sprecher Halt gibt, auch wenn das Leben von Dunkelheit oder Unsicherheit geprägt ist.
Die zweite Strophe verdeutlicht den inneren Konflikt und die endlose Suche des lyrischen Ichs. Das ständige „umhergeirrt“ werden, das Suchen ohne Ziel, spiegelt den Zustand eines Suchens nach der wahren Liebe wider, das scheinbar nie endet. Es wird angedeutet, dass der Sprecher sein Leben lang nach etwas oder jemandem gesucht hat, ohne wirklich zu wissen, was oder wer es ist. Trotz dieser Suche bleibt die Liebe jedoch konstant und kraftvoll, was die unerschütterliche Hingabe und das tief empfundene Verlangen nach Vereinigung verstärkt.
In der dritten Strophe verstärken die wiederholten Worte „Ich liebe dich!“ die Dringlichkeit und Intensität der Gefühle. Die Wiederholung dient hier nicht nur der Betonung, sondern auch der Bestätigung der Liebe als etwas Unaufhaltsames, das sich immer wieder neu entfaltet. Diese Steigerung der Liebe spiegelt die fast ekstatische Hingabe wider, mit der das lyrische Ich seine Gefühle zum Ausdruck bringt.
Die letzte Strophe, in der „deine Lippen sich öffnen“, lässt die Idee einer intensiven Vereinigung zwischen den Liebenden aufleuchten. Doch diese Vereinigung ist gleichzeitig von einer Art transzendentaler und metaphysischer Dimension begleitet. Die Welt wird als „taub“ und „blind“ beschrieben, was die Vergeblichkeit der Außenwelt im Angesicht dieser alles durchdringenden Liebe betont. Selbst die „Wolke“ und das „Laub“, Symbole der Natur, bleiben unberührt von dieser Liebe. Doch die Liebe selbst, symbolisiert durch den „goldenen Staub“, der die Liebenden ausmacht, ist etwas Schöpferisches, das sie über die irdische Welt hinaus erhebt.
„Ich liebe dich“ ist ein Gedicht, das die Liebe sowohl als irdisches Gefühl als auch als transzendente, fast göttliche Erfahrung darstellt. Die Liebenden sind nicht nur in der Welt präsent, sondern auch ein Teil von etwas Größerem, das sie miteinander erschaffen. In der Vorstellung des „goldenen Staubs“ steckt die Idee einer Vereinigung, die die Schöpfung selbst umfasst, als ob die Liebe die Grundlage des Seins wäre. Das Gedicht vermittelt ein Bild der Liebe als eine unaufhörliche, allumfassende Kraft, die selbst die Grenzen der physischen Welt überschreitet.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.