Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , ,

An den Gralprinzen

Von

Wenn wir uns ansehn,
Blühn unsere Augen.

Und wie wir staunen
Vor unseren Wundern – nicht?
Und alles wird so süß.

Von Sternen sind wir eingerahmt
Und flüchten aus der Welt.

Ich glaube wir sind Engel.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: An den Gralprinzen von Else Lasker-Schüler

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An den Gralprinzen“ von Else Lasker-Schüler vermittelt auf eine äußerst zarte und metaphysische Weise das Gefühl von Erhebung, Staunen und der Nähe zu etwas Göttlichem oder Übernatürlichem. Zu Beginn des Gedichts wird ein intensiver Blickwechsel beschrieben: „Wenn wir uns ansehn, / Blühn unsere Augen.“ Dieser Austausch von Blicken scheint eine Art Erleuchtung oder transzendente Verbindung zu symbolisieren, die den beiden Betrachtenden neues Leben verleiht. Der Moment des Sehens wird hier zu einem Akt der spirituellen Entfaltung und des Aufblühens.

Die anschließende Frage, „Und wie wir staunen / Vor unseren Wundern – nicht?“, verstärkt das Gefühl von Ehrfurcht und Bewunderung. Das lyrische Ich stellt fest, dass in dieser Begegnung Wunder geschehen, dass das Staunen über das, was sich im Augenblick offenbart, nicht greifbar oder benennbar ist – es bleibt eine unmittelbare, unverständliche Magie, die nicht in Worte gefasst werden kann. Es handelt sich um eine Form von Staunen, die das Alltägliche transzendiert und in den Bereich des Wunderbaren und Geheimen führt.

Der Vers „Und alles wird so süß“ stellt das Gefühl der Freude und des Friedens dar, das aus dieser erlebten Verbundenheit und dem Staunen über die Welt entsteht. Hier wird die Süße des Moments eingefangen – eine Zartheit, die alles durchdringt und das Erleben dieser Verbindung mit dem anderen oder mit dem Göttlichen veredelt. Diese Süße ist ein Synonym für die Harmonie und das transzendente Gefühl, das die Sprecherin empfindet.

Der nächste Abschnitt – „Von Sternen sind wir eingerahmt / Und flüchten aus der Welt“ – deutet auf die Überhöhung des Moments und eine Entgrenzung der irdischen Existenz hin. Die „Sterne“, die die beiden „einrahmen“, stellen eine kosmische Dimension dar, die die Figuren in etwas Höheres erhebt und sie gleichzeitig von der irdischen Welt entfernt. Der Begriff des „Flüchtens“ aus der Welt könnte dabei eine Metapher für die Befreiung von den Begrenzungen der materiellen Welt und das Erreichen eines spirituellen Raums sein.

Schließlich wird der Gedanke, „Ich glaube wir sind Engel“, ausgesprochen – eine Schlussfolgerung, die das Gedicht in eine endgültige, überweltliche Richtung lenkt. Die Figuren im Gedicht identifizieren sich mit einer höheren Existenzform, mit Engeln, die als Boten des Göttlichen und als Wesen der Schönheit und des Friedens angesehen werden. Diese Erkenntnis stellt die geistige oder spirituelle Erhebung der Figuren dar und verweist auf den göttlichen Funken, der in jedem von ihnen wohnt.

Insgesamt lässt sich das Gedicht als eine Meditation über die spirituelle Erhebung, die Transzendenz der alltäglichen Welt und die Verbindung zu einer höheren Dimension des Seins verstehen. Lasker-Schüler kreiert einen Moment der reinen, unberührten Schönheit, der den Leser in eine metaphysische Sphäre führt, in der das Staunen über das Göttliche und das Erhabene die menschliche Erfahrung durchdringt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.