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Als er noch bei ihr war

Von

Als er noch bei ihr war,
war er schon gegangen.
Sein großes Verlangen
machte ihn unsichtbar.

Wie in Nebeln zerflossen
stand er immer vor ihr.
Sein Herz war sorgsam verschlossen,
es gehörte längst nicht mehr ihr.

Sie sah ein paar flackernde Augen
über einem trotzigen Mund.
Sie dachte, er sei traurig,
wie man traurig ist ohne Grund.

Aber er hatte Fremdweh,
als wäre er noch nicht gegangen.
Sein Herz war kalt wie Schnee,
ihm brannten die Wangen.

Er war der Tarnkappenheld,
der Brünhild verließ, eh er ging.
Er eroberte ihre Welt
und zerbrach ihren Ring.

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Gedicht: Als er noch bei ihr war von Elisabeth Fuhrmann-Paulsen

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Als er noch bei ihr war“ von Elisabeth Fuhrmann-Paulsen schildert den schmerzhaften Moment einer Entfremdung in einer Beziehung. Schon während der Mann physisch noch anwesend ist, ist er innerlich längst fort. Seine Gefühle sind verschwunden, sein Verlangen richtet sich nicht mehr auf die Frau, sondern auf etwas Unerreichbares. Die erste Strophe zeigt dies eindrücklich durch das Bild der Unsichtbarkeit – eine emotionale Abwesenheit, die trotz körperlicher Nähe besteht.

Die zweite Strophe verstärkt diese Distanz. Das Herz des Mannes ist „sorgsam verschlossen“, was bedeutet, dass er sich bewusst von der Frau abgrenzt. Die Nebelmetapher unterstreicht das Verschwimmen seiner Präsenz, als sei er nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Frau nimmt seine Veränderung wahr, deutet seine Zurückhaltung jedoch falsch – sie sieht darin Traurigkeit ohne ersichtlichen Grund, während er in Wahrheit von „Fremdweh“ getrieben wird.

Die letzten Verse ziehen eine Parallele zur Nibelungensage: Der Mann wird mit Siegfried verglichen, der Brünhild mit einer Tarnkappe täuschte und sie schließlich verließ. Diese Anspielung deutet auf Betrug und Täuschung hin – er hat ihre Welt erobert, doch am Ende bleibt ihr nur der zerbrochene „Ring“, ein Symbol für die zerstörte Beziehung. Das Gedicht zeichnet mit einfachen, aber wirkungsvollen Bildern das schmerzliche Auseinanderdriften zweier Menschen nach und fängt die stille Tragik einer bereits vergangenen Liebe ein.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.