Geh′! gehorche meinen Winken,
Nutze deine jungen Tage,
Lerne zeitig klüger sein!
Auf des Glückes großer Waage
Steht die Zunge selten ein.
Du mußt steigen oder sinken,
Du mußt herrschen und gewinnen
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
Amboß oder Hammer sein.
Ein Anderes
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Ein Anderes“ von Johann Wolfgang von Goethe ist eine prägnante Aufforderung zur aktiven Lebensgestaltung und zur Akzeptanz der Dualität des menschlichen Daseins. Es zeichnet sich durch eine klare Sprache und einen rhythmischen Aufbau aus, der die Dringlichkeit und den Appell des lyrischen Ichs unterstreicht. Die Kürze des Gedichts und die Verwendung von Imperativen machen es zu einer direkten Anrede, die den Leser oder die Leserin unmittelbar in die Thematik einbezieht.
Der erste Teil des Gedichts, beginnend mit „Geh′! gehorche meinen Winken“, appelliert an die Jugend und fordert zur Nutzung der Lebenszeit und zur frühzeitigen Klugheit auf. Der Hinweis auf die „große Waage des Glückes“ deutet auf die Unbeständigkeit des Lebens hin und mahnt zur Vorsicht. Die Zunge, die „selten ein[steht]“, symbolisiert das Ungleichgewicht und die Unvorhersehbarkeit von Erfolg und Misserfolg, Glück und Unglück. Diese ersten Zeilen legen den Grundstein für die nachfolgenden, konkreteren Anweisungen.
Der zweite Teil des Gedichts präsentiert eine Reihe von Dichotomien, die die verschiedenen Lebenswege und -erfahrungen umreißen. Die Optionen „steigen oder sinken“, „herrschen und gewinnen oder dienen und verlieren“ sowie „leiden oder triumphieren“ zeigen die extreme Bandbreite menschlicher Möglichkeiten auf. Die Metaphern von „Amboß oder Hammer“ verstärken diese Gegensätze und verdeutlichen die Notwendigkeit, eine aktive Rolle im Leben einzunehmen, entweder als Formender oder als Geformter.
Goethes Gedicht ist letztlich eine Ermutigung, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen, die eigene Rolle zu definieren und aktiv zu gestalten. Es lehrt die Akzeptanz der Dualität des menschlichen Daseins, die Unvermeidlichkeit von Höhen und Tiefen und die Notwendigkeit, sich zu entscheiden und zu handeln. Der Appell zur Klugheit in der Jugend, verbunden mit der Konfrontation mit den fundamentalen Gegensätzen des Lebens, macht das Gedicht zu einer zeitlosen Reflexion über die menschliche Existenz und die Kunst des Lebens.
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Lizenz und Verwendung
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