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Jedem das Seine

Von

Aninka tanzte
Vor uns im Grase
Die raschen Weisen.
Wie schön war sie!

Mit den gesenkten,
Bescheidnen Augen
Das stille Mädchen –
Mich macht‘ es toll!

Da sprang ein Knöpfchen
Ihr von der Jacke,
Ein goldnes Knöpfchen,
Ich fing es auf –

Und dachte Wunder
Was mir’s bedeute,
Doch hämisch lächelt‘
Jegór dazu,

Als wollt er sagen:
Mein ist das Jäckchen,
Und was es decket,
Mein ist das Mädchen,
Und dein – der Knopf!

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Gedicht: Jedem das Seine von Eduard Mörike

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Jedem das Seine“ von Eduard Mörike beschreibt eine kleine, scheinbar beiläufige Begebenheit, in der sich eine tiefere symbolische Bedeutung entfaltet. Der Erzähler beobachtet das Mädchen Aninka, das im Gras tanzt, und ist von ihrer Schönheit fasziniert. Ihr stiller, bescheidener Blick lässt eine starke Wirkung auf den Erzähler aus, der sich von dieser Anmut ergriffen fühlt. Die anfängliche Freude des lyrischen Ichs wird durch die Handlung eines kleinen goldenen Knöpfchens gestört, das von der Jacke des Mädchens fällt und vom Erzähler aufgefangen wird.

Das goldene Knöpfchen wird schnell zu einem Symbol für eine tiefere Bedeutung. Der Erzähler spekuliert über den Wert des Knopfes und was er ihm bedeuten könnte. Doch die Reaktion des anderen Beobachters, Jegór, verändert die Atmosphäre. Jegór lächelt spöttisch und stellt klar, dass nicht nur das Jäckchen, sondern auch das Mädchen ihm gehört. Der Knopf symbolisiert hier also nicht nur eine kleine, scheinbar unbedeutende Geste, sondern wird in der Erzählung zu einem Zeichen des Besitzes und der Rivalität.

Der Konflikt zwischen den beiden Männern ist subtil, aber deutlich: Jegór, der mit seiner hämischen Miene auftritt, macht klar, dass der Erzähler in seiner Vorstellung von Besitz und Beziehung enttäuscht wird. Das Gedicht reflektiert das Thema der Eifersucht und des Wettbewerbs um das, was der andere begehrt. In der kurzen Episode wird die Dynamik von Begehren, Besitz und Enttäuschung angesprochen, die im Kontext menschlicher Beziehungen oft vorkommt.

Mörike verwendet in diesem Gedicht eine einfache, fast märchenhafte Erzählweise, die in ihrer Klarheit und Präzision die tiefere Bedeutung der alltäglichen Geschehnisse aufzeigt. Das Spiel mit Besitzansprüchen und die kleine Geste des Knopfes wirken wie ein Mikrokosmos für die oft komplexen und ungerechten Beziehungen, die das menschliche Leben prägen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.