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In der Frühe

Von

Kein Schlaf noch kühlt das Auge mir,
Dort gehet schon der Tag herfür
An meinem Kammerfenster.
Es wühlet mein verstörter Sinn
Noch zwischen Zweifeln her und hin
Und schaffet Nachtgespenster.
– Ängste, quäle
Dich nicht länger, meine Seele!
Freu dich! schon sind da und dorten
Morgenglocken wach geworden.

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Gedicht: In der Frühe von Eduard Mörike

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „In der Frühe“ von Eduard Mörike beschreibt einen inneren Konflikt, der sich in den frühen Morgenstunden entfaltet. Zu Beginn wird das Gefühl der Unruhe und Schlaflosigkeit des lyrischen Ichs deutlich: „Kein Schlaf noch kühlt das Auge mir“, was auf eine geistige Erschöpfung hinweist, die durch Zweifel und Unruhe verstärkt wird. Der Tag bricht bereits an, aber der Erzähler fühlt sich noch gefangen in seinen Gedanken, die hin und her schwanken, ohne einen klaren Frieden zu finden. Die „Nachtgespenster“, die in seinem verstörten Geist herumschwirren, stehen symbolisch für Ängste und Sorgen, die ihn auch in der Dämmerung der Nacht nicht loslassen.

Der innere Konflikt des lyrischen Ichs wird noch verstärkt durch das Bild des beginnenden Tages. Während das Fenster bereits den ersten Lichtschein des Morgens einlässt, bleibt der Geist des Erzählers in der Dunkelheit und im Zwielicht der Zweifel gefangen. Die Metapher des „wühlenden“ und „zwischen Zweifeln her und hin“ wandelnden Sinns verdeutlicht, wie die Gedanken des Ichs in einem Zustand der Zerrissenheit und Verwirrung sind. Es scheint, als ob der Tag mit seiner Helligkeit und Klarheit in starkem Kontrast zu der inneren Dunkelheit steht, in der sich der Erzähler befindet.

Der Wendepunkt des Gedichts kommt in der zweiten Hälfte, als die innere Stimme des Erzählers beginnt, sich selbst zu beruhigen und zu ermahnen. „Ängste, quäle dich nicht länger, meine Seele!“ zeigt den Moment der Ermahnung und der Versöhnung mit der eigenen Unruhe. Der Erzähler fordert sich selbst zu einer positiven Wendung auf, die durch die „Morgenglocken“, die „wach geworden“ sind, symbolisiert wird. Diese Glocken stehen als Zeichen für einen neuen Anfang und eine Erweckung, die den Erzähler ermuntert, sich nicht von seinen Ängsten quälen zu lassen, sondern den neuen Tag mit Hoffnung und Freude zu begrüßen.

Mörike nutzt in diesem Gedicht die Gegensätze von Nacht und Tag, Dunkelheit und Licht, um die psychische Spannung und die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs darzustellen. Der Morgen als Symbol für einen Neuanfang bietet eine Lösung für die düsteren Gedanken und lässt die Möglichkeit eines inneren Friedens erahnen. Das Gedicht endet mit einer positiven Wendung, die den Leser dazu anregt, sich trotz der Ängste und Unsicherheiten des Lebens dem Neuanfang zu öffnen und die Herausforderungen des neuen Tages anzunehmen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.