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Auf eine Lampe

Von

Noch unverrückt, o schöne Lampe, schmückest du,
An leichten Ketten zierlich aufgehangen hier,
Die Decke des nun fast vergeßnen Lustgemachs.
Auf deiner weißen Marmorschale, deren Rand
Der Efeukranz von goldengrünem Erz umflicht,
Schlingt fröhlich eine Kinderschar den Ringelreihn.
Wie reizend alles! lachend, und ein sanfter Geist
Des Ernstes doch ergossen um die ganze Form –
Ein Kunstgebild der echten Art. Wer achtet sein?
Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst.

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Gedicht: Auf eine Lampe von Eduard Mörike

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf eine Lampe“ von Eduard Mörike widmet sich der stillen Schönheit eines kunstvollen Gegenstands – einer Hängelampe –, die in einem verlassenen Raum verbleibt und dort unbeachtet ihren ästhetischen Zauber entfaltet. Mörike nutzt diese Lampe als Ausgangspunkt für eine Reflexion über die Beständigkeit des Schönen und seine stille Selbstgenügsamkeit. Obwohl das „Lustgemach“, also das ehemals belebte Zimmer, längst in Vergessenheit geraten ist, bleibt die Lampe an ihrem Platz – unbewegt, aber immer noch strahlend in ihrer kunstvollen Gestalt.

Die Beschreibung ist von zarter Sinnlichkeit geprägt: Der „Efeukranz von goldengrünem Erz“, die „weiße Marmorschale“, die „Kinderschar“ im Relief – all diese Details zeigen eine liebevolle Aufmerksamkeit für künstlerische Ausgestaltung. Dabei wird die Lampe nicht nur als nützliches Objekt gesehen, sondern als ein Kunstwerk, das Schönheit in sich trägt. Der Kontrast zwischen der verspielten Kinderszene und dem „sanften Geist des Ernstes“, der die Form durchzieht, verleiht der Darstellung Tiefe – das Spiel und die Feier der Jugend werden mit ruhiger Würde und zeitloser Formgebung verbunden.

Im letzten Vers zieht Mörike die poetische Quintessenz: „Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst.“ Dieser Satz hebt die zentrale Idee hervor, dass wahre Schönheit keiner äußeren Bestätigung bedarf – sie leuchtet gewissermaßen aus sich selbst heraus. Das Gedicht gibt damit eine Antwort auf die Frage nach dem Wert des Schönen in einer Welt, die vergänglich und oft unaufmerksam ist. Die Lampe bleibt schön, auch wenn sie niemand mehr beachtet; sie besitzt eine stille, fast meditative Glückseligkeit, die unabhängig von Gebrauch oder Anerkennung existiert.

Mörike gelingt es, in wenigen Versen eine tiefe ästhetische und philosophische Aussage zu treffen. Die Lampe wird zur Metapher für die Kunst an sich – beständig, unabhängig, still leuchtend – und zugleich für das Ideal eines in sich ruhenden Daseins.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.