Du nennst mich – armes Mädchen
Du nennst mich – armes Mädchen;
Du irrst, ich bin nicht arm.
Entreiß dich, Neugier halber,
Einmal des Schlafes Arm,
Und schau′ mein niedres Hüttchen,
Wenn sich die Sonne hold
Am Morgenhimmel hebet:
Sein Dach ist reines Gold!
Komm Abends, wann die Sonne
Bereits zum Meere sinkt,
Und sieh mein einzig Fenster,
Wie′s von Topasen blinkt!
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Du nennst mich – armes Mädchen“ von Elisabeth Kulmann ist eine kurze, aber tiefgründige Auseinandersetzung mit den Themen Armut, Reichtum und der Wahrnehmung von Glück. Es ist ein Gegenentwurf zu einer rein materiellen Definition von Armut, indem es aufzeigt, dass wahre Reichtümer in der Schönheit der Natur und in der inneren Gefühlswelt der Protagonistin liegen. Die direkte Ansprache des Lesers oder einer unbekannten Person, die das lyrische Ich als „armes Mädchen“ bezeichnet, etabliert sofort einen Dialog und eine Distanz zum herkömmlichen Verständnis von Armut.
Das Gedicht verwendet die Metapher der Natur, um den wahren Reichtum des Mädchens zu illustrieren. Das „niedre Hüttchen“ mit seinem „reinen Gold“-Dach, das durch die Morgensonne erzeugt wird, steht für die Schönheit und den Wert, der im Einfachen und Natürlichen gefunden werden kann. Die Erwähnung der Sonnenauf- und -untergänge, die als Momente der Schönheit und des Glanzes erlebt werden, verleiht dem Gedicht eine Atmosphäre der Ehrfurcht und Wertschätzung für die kleinen, alltäglichen Wunder des Lebens. Diese Bilder sind reich an Symbolik und deuten darauf hin, dass das Mädchen, obwohl vielleicht materiell arm, in Wahrheit einen unschätzbaren Reichtum an Schönheit und Lebensfreude besitzt.
Die Sprache des Gedichts ist einfach und klar, aber reich an Bildern, die die Aufmerksamkeit des Lesers fesseln. Die Verwendung von Wörtern wie „Gold“ und „Topasen“ evoziert Bilder von Reichtum und Schönheit, jedoch auf eine Weise, die an die Natur gebunden ist und nicht an materielle Besitztümer. Das Gedicht argumentiert nicht gegen den materiellen Reichtum, sondern relativiert ihn, indem es einen alternativen Maßstab für Wohlstand bietet. Es ermutigt dazu, die Welt mit offenen Augen zu betrachten und die Schönheit in den scheinbar einfachen Dingen des Lebens zu erkennen.
Die Botschaft des Gedichts ist von universeller Gültigkeit und spricht die Sehnsucht nach innerem Frieden und Glück an, die in der modernen Gesellschaft oft durch materielle Werte überdeckt wird. Es ist eine Einladung, über die eigenen Vorurteile und Annahmen nachzudenken und die Schönheit und den Reichtum in der Welt anders zu bewerten. Durch die poetische Darstellung der Natur und der einfachen Freuden des Lebens bietet das Gedicht eine Perspektive, die weit über das materielle Verständnis von Armut und Reichtum hinausgeht.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.